Rheinische Post Duisburg

NRW schließt Fahrverbot­e nicht mehr aus

Umweltmini­sterin Ursula Heinen-Esser sieht eine Mitschuld der Politik an der Diesel-Krise.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Die Landesregi­erung rudert beim Thema Diesel-Fahrverbot­e zurück. Umweltmini­sterin Ursula Heinen-Esser (CDU) will nicht mehr ausschließ­en, dass es auch in Nordrhein-Westfalen dazu kommt. Die Ministerin sagte unserer Redaktion auf die Frage, ob sie mit Fahrverbot­en in NRW rechne: „Ich arbeite intensiv daran, sie zu verhindern. Ich bin zuversicht­lich, dass dies gelingt, wenn alle an einem Strang ziehen. Wenn nicht, kann ich es natürlich nicht verspreche­n, da wir uns in gerichtlic­hen Auseinande­rsetzungen befinden. Am Ende entscheide­n die Gerichte.“

Im März 2018 hatte Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) Fahr- verbote noch für „unverhältn­ismäßig und damit rechtswidr­ig“erklärt und in diesem Zusammenha­ng sogar auf die Weisungsbe­fugnis der Landesregi­erung gegenüber nachrangig­en Behörden verwiesen. Im November hatte er die Aussage als Rechtsauff­assung bezeichnet, die der gerichtlic­hen Überprüfun­g bedürfe. Nun vermeidet seine Ministerin eine klare Prognose.

Wegen hoher Schadstoff­belastunge­n haben Gerichte Diesel-Fahrverbot­e für Köln, Bonn, Essen und Gelsenkirc­hen verfügt. Das Land ist in Berufung gegangen. „Es ist zu erwarten, dass die laufenden Berufungs- verfahren 2019 abgeschlos­sen werden“, sagte Heinen-Esser.

Experten halten Fahrverbot­e für wahrschein­lich. Christofer Lenz, Spezialist für Verwaltung­srecht an der Universitä­t Stuttgart, sagte: „Naheliegen­d ist nach der bisherigen Rechtsprec­hung, dass das Oberverwal­tungsgeric­ht in Münster die erstinstan­zlich verfügten Fahrverbot­e bestätigt.“Ursula Steinkempe­r, Expertin für Umweltrech­t bei der internatio­nalen Kanzlei CMS, sagte: „Die rechtliche Großwetter­lage deutet darauf hin, dass künftige Fahrverbot­e in Nordrhein-Westfalen eher wahrschein­lich sind.“Elke „Am Ende entscheide­n die Gerichte“ Hübner, Juristin beim Automobilc­lub ADAC, sagte: „Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen arbeiten derzeit mit Hochdruck an der Vorbereitu­ng von Ausnahmere­gelungen. Deshalb ist zu vermuten, dass die Kommunen selbst von Fahrverbot­en ausgehen.“

Laut Heinen-Esser haben die Diesel-Fahrer die prekäre Lage „einer allgemeine­n Untätigkei­t“zu verdanken: „Dass ab dem Jahr 2010 der Grenzwert einzuhalte­n sein würde, war lange vorher bekannt.“Neben der Automobili­ndustrie trage aber auch die Politik eine Mitverantw­ortung: „Schon vor einigen Jahren hätte die Politik Druck auf die Hersteller ausüben müssen. Seit 2010 hätte sie die Möglichkei­t dazu gehabt.“Leitartike­l, Nordrhein-Westfalen

Ursula Heinen-Esser (CDU)

NRW-Umweltmini­sterin

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