Merz fordert neuen Wirtschaftskurs
Der frühere Fraktionschef will als Experte, aber in keinem Gremium mitarbeiten.
BERLIN Auch nach der Vereinbarung der neuen CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und ihres bei der Vorstandswahl nur knapp unterlegenen Kontrahenten Friedrich Merz auf eine Zusammenarbeit im Wahljahr 2019 bleibt ihr Verhältnis offensichtlich angespannt. Merz sagte bei der Präsentation eines Sieben-Punkte-Programms für eine neue Wirtschaftspolitik am Freitag im bayerischen Weissach, er habe Kramp-Karrenbauer angeboten zu helfen. „Aber das ist nicht mit Aufgaben verbunden, die in irgendeiner Kommission oder in irgendeinem Gremium geleistet werden.“Damit wahrt der 63-Jährige Distanz zur Parteiführung, die für das Abschneiden bei den Wahlen im Mai und im Herbst verantwortlich gemacht werden wird.
Am Vortag war bekannt geworden, dass Merz als Mitglied in einem CDU-Expertenkreis zur sozialen Marktwirtschaft und auch am neuen Grundsatzprogramm der Partei mitarbeiten soll. Dies war bei seinen Unterstützern mit gemischten Gefühlen aufgenommen worden. Einerseits wurde die Aufnahme von Merz in den Beraterkreis begrüßt. Anderseits wurde Skepsis geäußert, dass dieser Schritt ausreichend sei, um den Riss in der Partei zu kitten. Merz selbst hatte in einem Interview erklärt, er würde sich ein Bundesministeramt zutrauen. Daraufhin hatte Kramp-Karrenbauer ihn wissen lassen, dass sie durchgezählt habe und das Kabinett „vollzählig“sei.
Kramp-Karrenbauer, die das von 2007 stammende Grundsatzprogramm bis 2020 überarbeiten will, war aber auf Merz mit dem Vorschlag zu dem Expertenkreis zugegangen, um ihn in die Parteiarbeit einzubinden und ein Signal des Zusammenhalts an seine enttäuschten Anhänger zu senden. Merz soll auch für den Bereich der transatlantischen Beziehungen zuständig sein. Der Wirtschaftsflügel, vor allem der CDU-Wirtschaftsrat, dem Merz angehört, erwartet von Kramp-Karrenbauer einen inten- siven Austausch mit dem früheren Fraktionsvorsitzenden. Sie tue gut daran, Merz „dauerhaft in die aktuelle Arbeit“zu integrieren, verlautete in Berlin.
Merz forderte, die digitale Infrastruktur in Europa und insbesondere in Deutschland müsse verbessert werden. Hier sei sie besonders schlecht. Zudem müsse der Bund „die Blockade“für private Investitionen in der Verkehrsinfrastruktur beenden. Er warnte vor neuen Steuer- und Abgabenbelastungen für die Bürger. Die notwendige Reform der Grundsteuer sei ein Test, ob weniger Bürokratie wirklich gewollt sei. Der jetzt vorliegende Entwurf einer ertragswertorientierten Grundsteuer würde einen sehr großen Bürokratieaufwand nach sich ziehen und die Mieter in Ballungsräumen zusätzlich belasten.
Der CDU-Vorstand trifft sich am Sonntag und Montag in Potsdam erstmals zu einer Jahresauftaktklausur unter Leitung von Kramp-Karrenbauer. Es sollen ein Arbeitsprogramm für die nächsten Monate und eine Strategie für die Europawahl sowie die Bremer Bürgerschaftswahl und viele Kommunalwahlen im Mai und die drei Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen im Herbst entwickelt werden. In diesen drei Ländern ist die AfD stark verankert. (mit dpa und rtr)