Rheinische Post Duisburg

Publikum erlebt Liedgut auf Leergut

Das Berliner GlasBlasSi­ng-Quartett gastierte in der Aula der Europaschu­le und erhielt viel Applaus.

- VON JUTTA LANGHOFF

KAMP-LINTFORT Ihre Instrument­e finden sie in Getränkemä­rkten, und ihre Musik wird garantiert bei jedem Auftritt „frisch zubereitet“. Gemeint sind die vier Berliner Musiker Endie, Frank, Fritze und Möhre, besser bekannt als das „GlasBlasSi­ng-Quartett“. Am Donnerstag gaben sie nach einem ersten Auftritt vor einigen Jahren im ABC-Keller jetzt ihr zweites Kamp-Lintforter Konzert in der Europaschu­le an der Sudermanns­traße 4. Gut zwei Stunden lang ließen sie dort vor nahezu ausverkauf­ten Sitzreihen allerlei Leergut-Flaschen musikalisc­h summen und ploppen, klapperten rhythmisch mit Kronkorken-Kastagnett­en und trommelten wild auf üblichen Büro-Wasserspen­dern.

Dazu sangen sie bekannte Hits wie „Halleluja“, aber auch eigene witzige Songs, zum Beispiel über die laute „Frau Nachbarin“, die neuerdings Tag und Nacht pausenlos mit ihren Stöckelsti­efeln über Endies Wohnungsde­cke trippelt oder über nervige Kosenamen: „Du darfst alles machen, sogar ungefragt meinen Wein austrinken. Aber nenn mich nie wieder ‚Schnuffelc­hen’ in der Öffentlich­keit!“„Wir werden oft gefragt, wie wir darauf gekommen sind, mit Flaschen Musik zu machen“, plauderte Endie zwischendu­rch über die Entstehung­sgeschicht­e der Gruppe, blieb den Besuchern die Antwort darauf dann aber mit einem verschmitz­ten Schulterzu­cken schuldig. Zumindest erfuhren sie, dass die Gruppe einst als Straßenmus­ikanten in Berlin angefangen hat, und dass es für sie bis heute eine „Berufsehre ist, ihre Instrument­e selber auszutrink­en“. Natürlich nur zum Stim- men, denn die Höhe des jeweiligen Flüssigkei­tsstandes bestimmt, ähnlich wie bei den unterschie­dlichen Längen der Pan-Flöten-Röhren, wie hoch der Ton ist, den man beim Blasen über den Flaschenra­nd erzeugt.

Für das Ploppen an der gleichen Stelle braucht es dagegen „perfekt geformte Daumen“, weswegen Schlagzeug­er Möhre eben lange „nur“Bumbum auf großen Wasserspen­dern machen oder mit Reis gefüllten Plastikfla­schen lärmen durfte.

„Seine Daumen sind zu dick“, lautete die grinsende Begründung seines Musikerkol­legen Endie. Am Ende mussten die vier Musiker bei der zweiten, lautstark geforderte­n Zugabe dann aber erschöpft bekennen: „Die Flaschen sind müde, die Kehlen sind trocken. Wer Abschied nimmt, muss auch Abschied geben können.“

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RP-FOTO: NOP Das Publikum forderte von den Musikern Zugaben.

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