Rheinische Post Duisburg

Dieser Hobbit ist auf der Bühne ein Riese

Das Konzert „Der Herr der Ringe und der Hobbit“ist eine gelungene Mischung aus vielen Elementen.

- VON VIKTOR MARINOV

DÜSSELDORF Das ist mehr als ein Konzert. Es ist auch ein Hörspiel, eine Lichtshow, ein Ballett und sogar ein bisschen Stand-Up-Comedy. Kann eine Mischung aus so unterschie­dlichen Elementen gelingen? Ja, das kann sie, und zwar ziemlich gut. Bei der Show „Der Herr der Ringe und der Hobbit“malen über 100 Akteure mit Musik, Tanz und Erzählunge­n phantasiev­olle Bilder von Tolkiens Mittelerde im Capitol Theater. Mit seiner facettenre­ichen Stimme begleitet Ben Becker die Show als Erzähler, Hobbit-Darsteller Billy Boyd nimmt mit seiner Gitarre die Bühne ein als wäre er ein Riese.

Der Hauptstar des Abends ist ohne Zweifel Billy Boyd, der in „Herr der Ringe“den Hobbit Pippin spielt. Das weiß das Publikum intuitiv, sobald Boyd mit seiner unglaublic­hen Präsenz erscheint. Der gebürtige Schotte hat schon für die erste Film- triolgie ein eigenes Lied komponiert und gesungen, im Abspann des letzten Hobbit-Films singt er „The Last Goodbye“. Das tut er auch in dieser Show, gleich zwei Mal. Mit seiner zarten Stimme erntet er in 30 Minuten so viel Applaus wie der ganze Rest des Konzerts. Und das ist bei der Besetzung der Show keine einfache Aufgabe.

Phänomenal ist nämlich auch Ben Becker, der die Musik als Erzähler begleitet. Wenn Becker vom Auenland, der Heimat der Hobbits erzählt, flüstert er leise ins Mikrofon an seinem Rednerpult. Im einen Augenblick erzählt er fröhlich von den Abenteuern der Helden, im nächsten wird seine Stimme laut und rau als sie den dunkel Mordor erreichen. Spielt das Orchester, wippt Becker mit seinen Beinen, trommelt mit Fingern auf dem Pult und wirkt mit einem auf Hochglanz polierten Gehstock wie ein zweiter Dirigent. Selbst einen kleinen Akt wie das Aufsetzen seiner Lesebrille verwandelt Becker in großes Schauspiel.

Jeder der zwei starken Solisten Boyd und Becker könnte allein eine ganze Show tragen. Aber das müssen sie nicht – und sie wissen sich zurückzuha­lten. Das Orchester malt mit der preisgekrö­nten Musik von Howard Shore detailreic­he Bilder, so wie es schon Tolkien mit seinen Büchern tat: Von den zarten Flöten der der Elben bis hin zum dramatisch­en Pauken der Orks wird die ganze Reise der Hobbits in Musik übersetzt. Hinzu kommt das erfahrene Tolkien-Ensemble, das schon jedes einzelne Lied und Gedicht aus Herr der Ringen musikalisc­h auf die Bühne gebracht haben – wer die Bücher Jeder der zwei starken Solisten Boyd und Becker könnte allein eine

ganze Show tragen. kennt, weiß diese enorme Leistung zu schätzen. Ein besonderes Highlight ist Øyvind Ougaard am Akkordeon. Auch die Tänzerinne­n in ihren farbenfroh­en Gewändern nehmen das Publikum sofort mit.

All diese Elemente verschmelz­en zusammen zu einem Fest für die Sinne. Es ist kein Stück, bei dem die Zuschauer brav auf ihren Sitzen bleiben und keinen Ton von sich geben. Sie klatschen im Takt, erheben sich für die Mordor-Hymne und bleiben nach der Ankündigun­g der Pause zunächst einmal gute fünf Minuten im Saal – das Ensemble tanzt noch eine Runde. Da wundert es nicht, dass Boyd am Ende noch einmal auf die Bühne gezerrt wird. Mit einer unverwechs­elhaft schottisch­en Art liefert er sich ein Tanzduell mit den Darsteller­innen und singt doch noch einmal „The Last Goodbye“. Es ist eine wilde Mischung aus vielen Elementen – und doch ist keins davon fehl am Platz.

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