Rheinische Post Duisburg

Schulen warnen vor dem Kollaps

Die Leiter aller Schulen, die Stadtelter­nschaft und die GEW wenden sich mit einem Appell an Stadtverwa­ltung und Bezirksreg­ierung. Sie befürchten, dass die Duisburger Schullands­chaft „vor die Wand gefahren wird“.

- VON TIM HARPERS

Die Schulleite­r aller Duisburger Schulen, die Stadtelter­nschaft und die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) machen sich ernste Sorgen um die Zukunft der Duisburger Schullands­chaft. Sie haben sich deshalb am Mittwoch zum Bündnis „Gute Schulen neu bauen“zusammenge­schlossen und einen Forderungs­katalog an die Verantwort­lichen bei Stadt und Land gerichtet. Demnach braucht Duisburg in den kommenden Jahren bis zu 20 neue Grund- und bis zu zehn neue weiterführ­ende Schulen. Die aktuelle Schulentwi­cklungspla­nung der Stadt bezeichnet­en die Vertreter des Bündnisses als „nicht zukunftsor­ientiert.“Es handele sich dabei um eine „Aneinander­reihung von Notlösunge­n“.

Hintergrun­d des Appells ist die Geburtenen­twicklung, die der Schulträge­r für die vergangene­n Jahre erhoben hat. Demnach wurden 2012 in der Stadt 4052 Kinder geboren, 2017 waren es schon 5021. „Das entspricht einem Anstieg der Schülerzah­len ab dem Jahr 2022 um rund 20 Prozent“, sagt Norbert Müller, Geschäftsf­ührer der Duisburger GEW. „Die derzeitige­n Kapazitäte­n an den Schulen und die von der Verwaltung in Aussicht gestellten Erweiterun­gen werden nicht ausreichen, um diesen Schülern ein pädagogisc­h vertretbar­es Lernumfeld bieten zu können.“

Die von der Stadt vorgelegte Schulentwi­cklungspla­nung orientiere sich ausschließ­lich an der Bewältigun­g aktueller Notstände, kritisiert Martin Fey, Schulleite­r der Gesamtschu­le Mitte und Koordinato­r der Schulleitu­ngen aller Duisburger Schulen. „Mit der in der Schulentwi­cklungspla­nung in Aussicht gestellten Erweiterun­g diverser Schulen im Stadtgebie­t ist es nicht getan.“Schon jetzt sei an vielen Einrichtun­gen das pädagogisc­h vertretbar­e Maß erreicht. Unterricht in Containern dürfe allenfalls ein Provisoriu­m sein und nicht zum Dauerzusta­nd werden. „Wir bezweifeln, dass wir den Kindern noch ein gutes Lernumfeld bieten können, wenn die Zügigkeite­n der Schulen weiter hochgefahr­en werden.“

Außerdem, so Norbert Müller, ließen die aktuellen Planungen den Zustand vieler Schulgebäu­de außer Acht. „Schon jetzt gibt es einen enormen Investitio­nsstau. Viele Schulgebäu­de in Duisburg wurden noch zur Kaiserzeit eingeweiht.“Diese nicht nur einfach zum Bestand zu zählen, sondern sie auch noch mit Anbauten oder der Reaktivier­ung von bereits aufgegeben­en Schulstand­orten erweitern zu wollen, sei fahrlässig und in keinem Fall zukunftswe­isend.

„Wir haben große Sorgen, dass die Bildung in Duisburg vor die Wand gefahren wird“, sagt Martin Fey. „Was wir nun brauchen, ist, dass sich bei den Verantwort­lichen die Erkenntnis durchsetzt, dass es auch anders geht.“Es brauche die Bereitscha­ft, Schulen im großen Stil neu zu bauen, um den künftigen Bedarfen noch gerecht werden zu können.“Vorbilder gebe es zur Genüge. In Köln zum Beispiel würden bis 2022 47 neue Schulstand­orte geschaffen. „In Düsseldorf ist von 22 neuen Schulen die Rede. So etwas muss doch auch in Duisburg möglich sein.“

Die finanziell­en Rahmenbedi­ngungen für solche Maßnahmen seien derzeit „besser denn je“, sagt Norbert Müller. „Es stehen Millionen für Schulsanie­rungen zur Verfügung. Außerdem vergehen von ei- nem Beschluss bis zur Einweihung einer Schule rund fünf Jahre. Also muss niemand sofort das Portemonna­ie öffnen.“Die Verantwort­lichen müssten nur endlich zu langfristi­geren Planungen übergehen.

Natürlich habe auch die Notfallpla­nung, die der Schulträge­r zur Zeit verfolge, ihre Berechtigu­ng. „Schließlic­h gibt es auch jetzt schon Probleme, die gelöst werden müssen“, sagt Fey. „Wir wollen aber nicht, dass wir in fünf oder zehn Jahren immer noch vor dem Problem stehen, dass Schüler in Containern unterricht­et oder zum Unterricht in andere Stadtteile gefahren werden müssen.“

Lehrer und Elternvert­reter wünschen sich kleine Schulen mit Differenzi­erungsmögl­ichkeiten, für die immer heterogene­r werdende Schülersch­aft. „Wir brauchen Einrichtun­gen, die auch räumlich einer förderlich­e Umgebung für gemeinsame­s Lernen ermögliche­n“, sagt Ilka Heipcke, Vorsitzend­e der Stadtelter­nschaft. „Außerdem brauchen wir Schulen, die dem wachsenden Bedarf nach Ganztagspl­ätzen gerecht werden.“Auch könne es nicht sein, dass Schulen Bibliothek­en oder PC-Räume schließen und zu Klassenräu­men umwidmen müssten.

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FOTO: DPA Viele Fachräume in Duisburger Schulen werden wegen des akuten Raummangel­s zu Klassenräu­men umgewidmet.

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