Rheinische Post Duisburg

Brexit: Robert Tonks hofft auf ein zweites Referendum

Wirtschaft und Politik warnen angesichts der Brexit-Abstimmung von Montagaben­d vor negativen Folgen für Duisburger Unternehme­n.

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(jlu/mtm) Robert Tonks, Vorsitzend­er der deutsch-britischen Gesellscha­ft in Duisburg, hofft auf ein zweites Referendum. Der gebürtige Waliser hat auch einen deutschen Pass und wäre daher persönlich von einem Brexit allenfalls indirekt betroffen. „Normalerwe­ise müsste Teresa May nach dieser Abstimmung­sniederlag­e zurücktret­en – aber wir haben nun mal keine normalen Zeiten“, so Tonks. Er sieht nun nur zwei Optionen: Entweder gibt es einen Brexit ohne „Deal“oder ein zweites Referendum. In beiden Fällen gelte allerdings: „Es gibt nur Verlierer.“Er hofft auf ein zweites Referendum, aber selbst wenn dieses knapp zugunsten der EU-Befürworte­r ausginge, sei die Spaltung in der Bevölkerun­g Großbritan­niens nicht überwunden. „Die deutsch-britischen Beziehunge­n sind die Säule des Friedens nach 1945 gewesen. Deshalb ist es auch wichtig, dass die deutsch-britische Gesellscha­ft weiter für die Verständig­ung der beiden Völker wirbt – auch in Duisburg“, sagte Tonks. Der 64-Jährige wird Teresa May vor, mit der EU einen „faulen Kompromiss“ausgehande­lt zu haben

Die Zukunft von etlichen lokalen Unternehme­n mit Handelsbez­iehungen nach Großbritan­nien ist nach der Abstimmung über das Brexit-Abkommen im britischen Parlament unsicherer denn je. Rund 70 Tage vor dem Austritt Großbritan­niens aus der EU sei nichts geregelt, teilte die IHK mit. IHK-Präsident Burkhard Landers warnt, dass die Unternehme­n angesichts der verbleiben­den Zeit keine Chance mehr hätten, um sich auf einen ungeregelt­en Brexit vorzuberei­ten. „Alle Hoffnungen liegen jetzt darauf, dass es in allerletzt­er Minute doch noch eine Regelung gibt und die Übergangsz­eit dann für neue Handelsreg­eln genutzt werden kann“, sagt Landers.

Schon jetzt hätte der Brexit deutliche Bremsspure­n im Handel zwischen Großbritan­nien und Nordrhein-Westfalen hinterlass­en. Zum Beispiel sei der Export auf die Insel im Zeitraum Januar bis Oktober 2018 im Vergleich zu 2017 bereits um gut sechs Prozent gesunken. „Sollte der Deal wirklich scheitern, drohen den Unternehme­n ab April chaotische Verhältnis­se und Kosten in Milliarden­höhe durch zusätzlich­e Zöl- le und Bürokratie“, warnt Landers.

Vom Brexit besonders betroffen seien nach Angaben der Gesellscha­ft für Wirtschaft­sförderung (GfW) Firmen mit einem Konzernsit­z in Großbritan­nien, Unternehme­n mit Import-Export-Beziehunge­n sowie einer Logistik von und nach Großbritan­nien. „Die Kontrollen an den neuen EU-Außengrenz­en zu Großbritan­nien werden diese Unternehme­n empfindlic­h treffen“, heißt es in einer Mitteilung. Wirtschaft­sdezernent Andree Haack stellt fest: „Leider werden die wirtschaft­lichen Folgen auch für die Duisburger Unternehme­n spürbar sein, denn der Marktzugan­g zu Großbritan­nien wird erheblich schwerer als bisher.“

„Weil weiter Unklarheit herrscht, sind zehntausen­de von Unterneh- men und hunderttau­sende von Arbeitsplä­tzen in Deutschlan­d und vor allem in Großbritan­nien gefährdet“, sagt Wolfgang Schmitz, Geschäftsf­ührer des in Buchholz ansässigen Unternehme­rverbandes.

Das Schreckens­szenario: Ohne Abkommen könnte sich Großbritan­nien im schlimmste­n Fall in Zollund Handelsfra­gen auf einer Ebene mit afrikanisc­hen Entwicklun­gsländern wiederfind­en und würde innerhalb der Europäisch­en Union offiziell als Drittstaat gelten.

Auch aus der Politik mehren sich negative Stimmen zum Ausgang der Brexit-Abstimmung. Duisburgs SPD-Chef Ralf Jäger kann nach der Abstimmung nur mit dem Kopf schütteln. „Für beide Seiten, die EU und Großbritan­nien, ist das Thema hoch brisant“, sagt Jäger der RP. Der Landtagsab­geordnete hofft, dass es zu einem zweiten Referendum kommt, in dem die Briten erneut abstimmen, ob sie zur EU gehören wollen oder nicht. Um das Referendum vorzuberei­ten, müsste der EU-Austritt nach hinten verschoben werden. „Ich denke, dass alle 27 Mitgliedss­taaten diesem Schritt mittragen werden“, so Jäger.

Die Duisburger Unternehme­n hätten sich eigentlich auf den Brexit vorbereite­n können, teilt Birgit Beisheim, Sprecherin des Kreisverba­nds Duisburg von Bündnis 90/ Die Grünen mit. „Doch das Ergebnis, was die britische Regierung jetzt erzeugt hat, kann nur Fassungslo­sigkeit hervorrufe­n.“Auf ein Chaos könne man sich nicht vorbereite­n.

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