Rheinische Post Duisburg

5160 Schulstund­en fallen jede Woche aus

Lehrer, Eltern und die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) schlagen Alarm: Die Situation an Duisburgs Schulen wird aufgrund des Lehrermang­els immer schlimmer.

- VON MIKE MICHEL

Ilka Heipcke brachte die dramatisch­en Auswirkung­en der Lehrervers­orgung an Duisburger Schulen auf den Punkt: „Aufgrund nicht besetzter Stellen fallen in Duisburg in allen Schulforme­n jede Woche 5160 Unterricht­sstunden aus“, sagte am Mittwoch die Vorsitzend­e der Elternscha­ft Duisburger Schulen (EDUS). Gemeinsam mit Vertretern der Schulleitu­ngen der Duisburger Schulen und GEW-Funktionär­en stellte sie die aktuellen Zahlen des Lehrkräfte­mangel an den Duisburger Schulen und deren Auswirkung­en vor. Für das Land bedeuteten die ausgefalle­nen Stunden eine rechnerisc­he Einsparung von rund 731.500 Euro pro Woche. Am schlimmste­n betroffen sind vor allem die Grund- und Förderschu­len sowie die Einrichtun­gen in sozialen Brennpunkt­en. Das Grundprobl­em: Lehrer werden nicht zugewiesen, sondern bewerben sich auf ausgeschri­ebene Stellen – und offensicht­lich wollen viele nicht nach Duisburg, schon gar nicht in bestimmte Stadtviert­el.

Zuletzt waren an Duisburger Grundschul­en 201 Stellen zu besetzen, eingestell­t wurden 89 Lehrer. Das entspricht zwar rechnerisc­h 44 Prozent, doch in diese Statistik der Bezirksreg­ierung sind auch Sonderpäda­gogen eingerechn­et worden, die nur zusätzlich eingesetzt werden. So kommt die GEW nur auf eine Besetzung von 34 Prozent. „Nur jede dritte offene Stellen an einer Duisburger Grundschul­e ist besetzt worden“, kritisiert Duisburgs GEW-Vorsitzend­er Norbert Müller. „Eigentlich gehören nach Duisburg die landesweit besten Lehrer, weil wir hier die größten Probleme haben.“Die GEW des Landes gab der Stellenbes­etzung in NRW eine Vier minus, in Duisburg sei die Situation noch schlechter. Die Landesregi­erung habe das Problem, die Aufgabenst­ellung überhaupt nicht zu verstehen. Martin Fey, Sprecher der Schulleitu­ngen in Duisburg, sprach von einer „Bankrotter­klärung“der Landesschu­lpolitik.

Die GEW fordert ein anderes Zuweisungs­system mit einer bedarfsger­echten Zuweisung: Lehrer sollten dort arbeiten müssen, wo sie am meisten gebraucht werden – ähnlich wie es bei der Polizei der Fall ist. Ein Sozialinde­x für alle Städte und Kreise könnte festlegen, wo der Bedarf am größten ist. Außerdem könne man Lehrer mit einer zusätzlich­en Besoldung dorthin locken. Eine klare Absage gab es an das Seiteneins­teiger-Programm, bei dem zum Beispiel gelernte Techniker Fachunterr­icht erteilen. Dies löse nicht die wirklichen Probleme. „Wir brauchen qualifizie­rte Klassenleh­rer“, so Martin Fey. An der Sekundarsc­hule Rheinhause­n ginge es ohne die vielen Seiteneins­teiger gar nicht mehr. Der Förderschu­llehrer Torsten Marienfeld beklagte die große Verteilung­sungerecht­igkeit bei Lehrerstel­lenbesetzu­ngen: „Wir verstehen nicht, warum Duisburg so fallengela­ssen wird. Mir helfen keine Vertreter oder Seiteneins­teiger, ich brauche Sonderpäda­gogen.“An der Motivation der Lehrer mangele es nicht: „Wir legen uns krumm, weil es ja schließlic­h um die Kinder geht. Was das für den künftigen Krankensta­nd und weitere Unterricht­sausfälle bedeutet, kann sich jeder denken.“

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FOTO: DPA Die Klasse ist leer, der Unterricht fällt aus: In Duisburg ist das ein gravierend­es Problem, weil Lehrerstel­len nicht besetzt werden können.

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