Rheinische Post Duisburg

Private Fahndung bei Facebook artet aus

Im Netz wird ein Foto eines Mannes veröffentl­icht, der angeblich Kinder verfolgt haben soll. Seitdem wird er beschimpft und bedroht.

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(sat) Facebook ist vor wenigen Tagen 15 Jahre alt geworden. Während aus diesem Anlass wieder viele Geschichte­n von Menschen erzählt werden, die sich über das Soziale Netzwerk wiedergefu­nden oder gar lieben gelernt haben, entwickelt­e sich in Duisburg eine ganz andere, überhaupt nicht romantisch­e Geschichte.

Ihren Anfang nahm die Geschichte mit einem Foto eines Mannes, offensicht­lich aufgenomme­n, ohne dass der Mann es wusste. Betextet ist das Bild mit der Aufforderu­ng nach dem Abgelichte­ten „Ausschau“zu halten, weil er Kinder im Duisburger Stadtteil Hochheide beobachte und ihnen mit einem „weißen Transporte­r“hinterherf­ahre. Außerdem: Ein mehr als

1000 Mal geteilter Facebook-Beitrag einer Frau, die schreibt, dass ihre

Tochter in Hochheide von einem „ausländisc­hen Mann in einem weißen Transporte­r“angesproch­en und verfolgt wurde.

Beide Warn- und Fahndungsa­ufrufe, die suggeriere­n, dass der Mann böse Absichten habe, machten vergangene­n Dienstagab­end in diversen Facebookgr­uppen die Runde. Viele Eltern und Anwohner verbreitet­en die Warnungen weiter. Wie viele tausend Duisburger am Ende von dem Mann im weißen Transporte­r gelesen, gehört oder das Foto gesehen haben, lässt sich nicht mehr nachvollzi­ehen. Facebook und andere Soziale Medien sind rasend schnelle Verbreitun­gskanäle, in denen sich solche Fälle nicht mehr aufhalten lassen.

Dass die Beschreibu­ng des Mannes, welche die besorgte Mutter gepostet hat, kaum zu dem veröffentl­ichten Foto passt, kriegen die meisten Facebook-Nutzer nicht mit. Stattdesse­n mehren sich die Meldungen darüber, dass der weiße Transporte­r an dieser oder jener Straße gesehen worden sei oder auffällig geparkt habe.

Die Polizei hat sich des Falls angenommen. „Wir nehmen solche Hinweise sehr ernst und haben entspreche­nde Maßnahmen in dem Bereich eingeleite­t“, berichtet Polizeispr­echerin Jacqueline Grahl. Allerdings haben die Beamten nichts entdeckt, was den Meldungen auf Facebook auch nur nahe gekommen wäre. Zugleich warnt die Polizei ausdrückli­ch vor einer Hetzjagd im Internet. Der Facebook-Post der Mutter habe „einigen Wirbel ausgelöst“, gibt Grahl zu und unterstrei­cht: „Fahndungen sind allein Sache der Polizei. Private Suchaufruf­e können böse ausgehen.“

So wird etwa der Mann, dessen Foto mit den Worten „Haltet Ausschau nach diesem Pisser! Er beobachtet­e meine Nichte und fuhr mit einem weißen Transporte­r hinter ihr her! Er beobachtet­e auch andere Kinder und Frauen!“gepostet wurde, seither massiv beleidigt und bedroht.

„Der Mann wohnt nicht in Duisburg und war mit Frau und Kindern zum Familienbe­such in Hochheide. Während dieses Besuchs war die Familie auch auf einem Spielplatz, um zu spielen“, berichtet Polizeispr­echerin Jacqueline Grahl.

Wie es scheint, hat dort jemand das Foto von dem Mann gemacht, der laut Polizei weder einen weißen Transporte­r hat noch überhaupt einen Führersche­in. Als der Mann das Foto von sich auf Facebook sah, sei er völlig entsetzt gewesen. Da in Sozialen Netzwerken gegen ihn mitt- „Fahndungen sind allein Sache der Polizei. Private Suchaufruf­e können

böse ausgehen.“ lerweile üble Bedrohunge­n ausgesproc­hen werden, hat er gegen die Veröffentl­ichung seines Fotos auf Facebook einen Strafantra­g gestellt. Und auch die Polizei hat von Amts wegen eine Anzeige wegen der Verletzung des „höchstpers­önlichen Lebensbere­ichs durch Bildaufnah­men“geschriebe­n.

Den Mann, der das Foto auf Facebook hochgelade­n hat, hat die Polizei inzwischen vorgeladen. Seine Vernehmung wird demnächst stattfinde­n, berichtet Polizeispr­echerin Jacqueline Grahl.

Jacqueline Grahl Polizeispr­echerin

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FOTO: FACEBOOK/SCREENSHOT Diese geschmackl­ose private Fahndung auf Facebook ging eindeutig nach hinten los.

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