Rund 70 kriminelle Clans in Duisburg aktiv
DUISBURG Die Zahl krimineller Großfamilien in NRW ist offenbar größer als angenommen. „Wir gehen von etwa 70 relevanten türkisch-, kurdisch- und arabischstämmigen Familienstrukturen in Duisburg aus, denen etwa 2800 Personen zugerechnet werden können“, sagte der leitende Duisburger Oberstaatsanwalt Stefan Müller am Donnerstag im Justizministerium. Das Landeskriminalamt war im November noch von rund 50 Clans in ganz NRW ausgegangen.
Duisburg gehört zu den Hochburgen krimineller Clans. Deshalb sind im besonders betroffenen Stadtteil Marxloh seit Juni 2018 zwei sogenannte „Staatsanwälte vor Ort“stationiert, die nur gegen Clan-Strukturen vorgehen. Sie konnten seitdem 258 Ermittlungsverfahren einleiten, die meisten wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Betrug und Untreue sowie Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz. „Drogen spielen eine entscheidende Rolle. Daraus ergeben sich auch weitere Konflikte“, sagte Müller. So konnte zum Beispiel eine Marihuanaplantage mit 1275 Pflanzen sichergestellt werden – und dazu noch zwei Schusswaffen mit Munition. Mittels der Vermögensabschöpfung konnte man daraufhin durch Zwangshypotheken 622.200 Euro von den Kriminellen einziehen.
Aber auch Maßnahmen wie die Beschlagnahmung von Luxusfahrzeugen an Jobcentern, die zum Großteil wieder zurückgegeben werden mussten, fanden im Rahmen dieser Ermittlungen statt. Zur Clankriminalität gehören auch Überfälle auf Spielhallen und Tankstellen. Und diese werden mit großer Brutalität begangen, wie Müller betonte. „Opfern hält man die Pistole an den Kopf“, so der Oberstaatsanwalt.
NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) sprach von einer erfolgreichen Einsatzbilanz der beiden Staatsanwälte vor Ort. „Wir werden die Clankriminalität weiter syste- matisch bekämpfen“, sagte Biesenbach. Um das künftig noch effektiver machen zu können, will er mehr rechtliche Befugnisse. „Wir lassen das Verfassungsrecht derzeit intensiv prüfen, um zu sehen, was man noch machen kann. Ich habe eine Liste mit Wünschen“, sagte Biesenbach. Dazu könnte unter anderem zählen, Kinder aus der Obhut krimineller Clans zu nehmen. „Wenn es für das Kindeswohl gut ist, habe ich da keine Bedenken“, so Peter Biesenbach.