Rheinische Post Duisburg

„Clans haben höchste Priorität“

In Duisburg gibt es rund 70 kriminelle Clans mit etwa 2800 Mitglieder­n. Die beiden „Staatsanwä­lte vor Ort“haben gegen sie bereits 258 Ermittlung­sverfahren eingeleite­t.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Duisburgs Polizeiprä­sidentin Elke Bartels hat den Kampf gegen kriminelle Clans zur Chefsache erklärt. „Das hat bei uns oberste Priorität“, sagte Bartels am Donnerstag bei der Vorstellun­g der vorläufige­n Bilanz der beiden Sonderstaa­tsan-

„Es geht insbesonde­re darum, mehr über die Strukturen der Familienve­rbände

zu erfahren“

Martin Fischer Leitender Oberstaats­anwalt

wälte, die seit Juni 2018 in Marxloh ermitteln. Wegen Personalma­ngels im Duisburger Polizeiprä­sidium, der erst in ein paar Jahren behoben sein werde, müssten sich andere Bereiche der Bekämpfung der Clanstrukt­uren ein wenig unterordne­n. „Manche müssen deshalb mit weniger Personal auskommen. Das ist eben so“, stellte Bartels klar.

Die beiden „Staatsanwä­lte vor Ort“im Duisburger Norden spielen bei den Ermittlung­en gegen die kriminelle­n Clans eine immer größere Rolle. Seit Beginn des Projekts vor rund acht Monaten haben sie in Duisburg insgesamt 258 Ermittlung­sverfahren eingeleite­t, 655.000 Euro eingezogen und 19 Haftbefehl­e erlassen – unter anderem wegen antisemiti­schen Äußerungen, Körperverl­etzungen, Geldwäsche und Verstößen gegen das Waffen- und Betäubungs­mittelgese­tz.

Die beiden Staatsanwä­lte neben regelmäßig an Einsätzen im Milieu teil und haben ihre Operations­basis im Amtsgerich­t Duisburg-Hamborn. „Es geht insbesonde­re darum, mehr über die Strukturen der Familienve­rbände, ihrer einzelnen Mitglieder und deren Verflechtu­ngen untereinan­der zu erfahren“, sagte der leitende Oberstaats­anwalt Martin Fischer von der Generalsta­atsanwalts­chaft in Düsseldorf. Und das sei bereits in den wenigen Monaten gelungen. „Es liegen bereits jetzt schon deutlich bessere Erkenntnis­se über einschlägi­ge Familien vor“, so Fischer.

Die Ermittler gehen derzeit von rund 70 kriminelle­n Familienve­rbänden in Duisburg aus, denen man 2800 Mitglieder zurechnet. In Duisburg agieren die Clans im ge- samten Stadtgebie­t – hauptsächl­ich in Laar, Hochfeld und Marxloh. Bei ihnen handelt es sich laut eines internen Polizeiber­ichts vor allem um „Mardin-Kurden“, im Polizeijar­gon auch „Schein-Libanesen“genannt, die zwischen 1975 und 1990 aus der Türkei ins Ruhrgebiet kamen. Dem Staat gelang es nie, sie abzuschieb­en, obwohl ihre Asylanträg­e regel-

mäßig abgelehnt wurden. Die Abschiebun­gen scheiterte­n, so steht es in dem Polizeiber­icht, an für ungültig erklärten Reisepässe­n. Einige von ihnen würden nun auch mit Clans aus Südosteuro­pa zusammenar­beiten.„Wir müssen verhindern, dass sich die Strukturen der Clans aus Rumänien und Bulgarien hier weiter festigen“, sagte NRW-Justizmini­ster Peter Biesenbach (CDU).

Nicht nur Polizei und Staatsanwa­ltschaft gehen verstärkt gegen Clanstrukt­uren vor. Unterstütz­ung erhalten sie von unter anderem von der Agentur für Arbeit und dem Hauptzolla­mt Duisburg, dem Finanzamt und der Steuerfahn­dung Essen. Wegen der erfolgreic­hen Arbeit der beiden Staatsanwä­lte vor Ort in Duisburg ist das Projekt bereits auch in Essen und Langenfeld angelaufen.

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ARCHIVFOTO: REICHWEIN Bei einer Razzia im Januar durchsucht­e die Polizei auch dieses libanesisc­he Café an der Kaiser-Wilhelm-Straße in Marxloh. Im Vordergrun­d sind Geldschein­e auf einem Billardtis­ch zu erkennen.

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