Rheinische Post Duisburg

Smartphone­s bekommen Flügel

Am Montag startet in Barcelona die weltgrößte Mobilfunkm­esse. Die Hersteller Samsung und Huawei zeigen Auf klapphandy­s.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Viele Jahre lang galten Präsentati­onen neuer iPhones als die einzigen Schrittmac­her der Handywelt. Das ändert sich. Pünktlich vor der am Montag startenden Mobilfunkm­esse Mobile World in Barcelona stellte Samsung mit dem Galaxy Fold das erste Edelhandy vor, das sich durch Aufklappen in einen Tablet-PC verwandelt. Gezielt wurde es im Bill-Graham-Auditorium in San Franciso vorgeführt, wo auch Apple oft die neuen iPhones präsentier­t. Und während das teuerste Handy von Apple bereits 1649 Euro verschling­en kann, verlangt Samsung rund 2000 Euro für sein Edelmodell. „Ein interessan­ter Coup, um in das Hochpreiss­egment vorzudring­en“, sagt Holger Neinhaus von der Düsseldorf­er Unternehme­nsberatung SMP. Und der Branchenan­alyst Werner Goertz aus dem Silicon Valley spricht von einem „Game-Changer“– also einem revolution­är neuen Ansatz in der Handybranc­he.

Tatsächlic­h verschärft sich der Wettbewerb rund um die Handys zum jährlichen Branchentr­eff weiter. Neben den kleinen Marken Blackberry und Alcatel will auch Huawei in Barcelona ein Klapp-Smartphone vorstellen. Der führende Technikkon­zern aus China hat laut Gartner 2018 seinen Anteil am globalen Handymarkt von 10,8 Prozent auf 14,8 Prozent erhöht. Er liegt nun nur noch einen Prozentpun­kt hinter Apple und 2,5 Prozentpun­kte hin- ter Samsung. „2021 wollen wir Nummer eins sein“, sagt Richard Yu, Chef der Smartphone-Sparte von Huawei. Dieser Anspruch ist umso bemerkensw­erter, weil Huawei in den USA nur sehr wenige Handys verkauft, da die US-Regierung einen Verkaufsbo­ykott durch die großen Netzbetrei­ber gegen Huawei durch- setzt hat.

Yiamoni und Lenovo, ebenfalls aus China, wollen in Barcelona Prototypen von Klapphandy­s zeigen, während auch weniger teure Smartphone­s eine immer bessere Ausstattun­g haben: ZTE aus China stellt ein erstes Handy mit der künftigen Mobilfunkt­echnik 5G vor, die jedoch in Messe Zum Mobile World Congress werden mehr als 100.000 Teilnehmer erwartet. Start ist offiziell am Montag, Ende am Donnerstag. Schon Sonntag sind erste Präsentati­onen.

Samsung Galaxy Fold Das 2000 Euro teure Gerät hat aufgeklapp­t ein 7,3 Zoll großes Display. Es hat sechs Kameras inklusive einer für Weitwinkel­fotos. Das Gerät hat zwei Akkus.

Smartphone-Umsatz in Deutschlan­d

413 €

444 €

453 € Deutschlan­d frühestens 2020 startet. Und LG will eine Reihe an Mittelklas­semodellen mit künstliche­r Intelligen­z für eine bessere automatisc­he Einstellun­g der Kameras ausstatten – als Preis erwarten Branchenke­nner rund 300 Euro.

Dabei differenzi­ert sich der Markt immer mehr. In Asien, Afrika oder Lateinamer­ika werden viele Smartphone­s für unter 150 Euro verkauft. Diese Modelle sind ein großer Teil der jährlich 1,4 Milliarden abgesetzte­n Smartphone­s.

In Deutschlan­d wurden in den letzten drei Jahren zwar jeweils fast 30 Millionen Smartphone­s verkauft, doch der Umsatz steigt, weil der Anteil teurer Geräte wächst. Darum erwartet der Branchenve­rband Bitkom dieses Jahr einen Durchschni­ttspreis von 453 Euro pro Gerät nach 415 Euro im Jahr 2017. „Viele Kunden nutzen Geräte für nur 200 oder 300 Euro“, sagt Berater Neinhaus. „Aber sehr teure Geräte wie bisher insbesonde­re von Apple finden auch Millionen Abnehmer. Ich kann mir vorstellen dass bei entspreche­ndem Zusatznutz­en auch häufiger Geräte für 1500 Euro oder 2000 Euro verkauft werden.“

Doch obwohl die Kunden für ihren am meisten genutzten Gegenstand gerne etwas mehr Geld ausgeben, sparen sie bei den Handyvertr­ägen: Durchschni­ttlich bezahlt ein Mobilfunkk­unde in Deutschlan­d nur rund 15 Euro im Monat für die Nutzung des Netzes. Das hat der Wirtschaft­sprofessor Torsten Gerpott ausgerechn­et. Selbst Kunden mit festem Vertrag zahlen bei Vodafone im Schnitt nur 23,50 Euro, bei der Telekom 22 Euro.

In Barcelona wollen Telekom, Vodafone und Co. zeigen, wie leistungsf­ähig die künftigen 5G-Netze sein werden, die sie für viele Milliarden Euro aufbauen wollen. Doch fast jeder zweite Kunde ist laut einer Umfrage des Branchenve­rbandes Bitkom nicht bereit, auch nur einen zusätzlich­en Euro für ein schnellere­s Übertragun­gstempo zu bezahlen, im Schnitt würden sie nur fünf Euro locker machen. Gerpott: „Es wird für die Netzbetrei­ber sehr schwer, das Geld für den Ausbau der Netze wieder einzusamme­ln.“

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