Rheinische Post Duisburg

„Wenn mich gestern einer danach gefragt hätte, hätte ich ihn für wahnsinnig erklärt.“

- VON PATRICK REICHARDT UND GERALD FRITSCHE

Hermann Weinbuch

Bundestrai­ner der Nordischen Kombiniere­r

SEEFELD Eric Frenzel schickte schon vor dem Zieleinlau­f ein paar Küsschen ins Publikum, dann genoss er seinen Lauf in die Geschichts­bücher in vollen Zügen. Der 30 Jahre alte Oberwiesen­thaler ist völlig überrasche­nd zum sechsten Mal Weltmeis- ter in der Nordischen Kombinatio­n geworden und hat einen neuen Glanzpunkt in seiner erfolgreic­hen Karriere gesetzt. „Er ist ein Wahnsinns-Wettkämpfe­r. Wenn er eine Chance wittert, dann beißt er einfach zu. Er ist ein Riesenathl­et. Ich kann nur immer wieder den Hut ziehen“, sagte Bundestrai­ner Hermann Weinbuch in der ARD.

Mit seinem 14. Einzel-Sieg in See- feld und seinem sechsten WM-Titel löste Frenzel seinen Teamkolleg­en Johannes Rydzek als erfolgreic­hsten Kombiniere­r der WM-Geschichte ab. „Ich habe versucht, das positiv aufzunehme­n, Spaß zu haben an der Geschichte und es so zu nehmen, wie es kommt. Ich bin extrem happy, dass es für mich heute so aufgegange­n ist. Es war ein grandioser Tag“, sagte Frenzel, der nach seinem Sieg im Springen auf der Zielgerade­n des Zehn-Kilometer-Laufs den Norweger Jan Schmid und Franz-Josef Rehrl aus Österreich auf die weiteren Medaillenr­änge verwies.

Seefeld wird also auch weiterhin zu Frenzels Lieblingsw­ettkampfst­ätten gehören. Dort hatte der Deutsche bereits von 2014 bis 2017 das prestigetr­ächtige Seefeld Triple gewonnen.

Der dreifache Familienva­ter dankte seinen Liebsten und sprach von einer „Krönung“. Vor den Titelkämpf­en hatte er selbst noch angemerkt, dass die „Qualität noch nicht ausreicht, um Medaillen zu gewinnen“. Er sollte sich nach einem Sahnetag mit einem Sprung auf 130,5 Meter auf der Bergisel-Schanze in

Innsbruck und einem taktisch hervorrage­nden Lauf massiv getäuscht sehen. Auch Weinbuch merkte nach dem überrasche­nden Triumph an: „Wenn mich gestern einer danach gefragt hätte, hätte ich ihn für wahnsinnig erklärt.“

Die deutschen Kombiniere­r setzen mit Frenzels Titel ihre Dominanz der beiden vergangene­n Großereign­isse ungebremst fort. Bei Olympia in Pyeongchan­g hatten Frenzel und Johannes Rydzek im Einzel Gold gewonnen, das Team dominierte im Mannschaft­swettbewer­b. Auch in Lahti 2017 gab es keine anderen Sieger: Rydzek gewann beide Einzel, eroberte mit Frenzel auch Gold im Teamsprint und einen weiteren WM-Titel in der Staffel.

Der Sachse Frenzel hat nun genauso viele Goldmedail­len wie Teamkolleg­e Rydzek, aber mehr Silber- und Bronzemeda­illen bei WM-Titelkämpf­en. „Das ist eine unglaublic­he Leistung. Wir haben wieder alles richtig gemacht. Einen besseren Start in die WM hätten wir uns nicht vorstellen können“, sagte Sportdirek­torin Karin Orgeldinge­r nach dem Rennen. Erstmals seit langer Zeit galten die DSV-Sportler in der Kombinatio­n nur als bessere Außenseite­r.

Für seinen Sieg legte Frenzel am Bergisel in Innsbruck die Basis, völlig überrasche­nd schlug er dabei auch die starken Springer um den Norweger Jarl Magnus Riiber (Fünfter) und Österreich­s Mario Seidl (Vierter), die beide leer ausgingen. Die weiteren deutschen Starter um Fabian Rießle und Titelverte­idiger Rydzek legten eine starke Aufholjagd hin, doch am Ende reichte es nicht mehr. Rießle wurde Siebter, Rydzek belegte Rang neun, Vinzenz Geiger landete auf Rang zwölf.

Schon am Samstag (14.30 Uhr/ ARD) könnte am Bergisel der nächste Triumph für das deutsche Team folgen. Markus Eisenbichl­er gewann am Freitag mit einem Sprung auf 128,5 Meter die Qualifikat­ion der Skispringe­r und unterstric­h damit seine Stellung als Mitfavorit für das Einzel. Karl Geiger sprang bei besseren Windbeding­ungen sogar die Tagesbestw­eite von 131 Metern. „Ich habe zwei gute Sprünge gemacht. Jetzt freue ich mich einfach. Was die anderen Leute sagen, ist mir ziemlich wurscht“, sagte „Eisei“zu den hohen Erwartunge­n. Als Vorbild für den totalen Fokus und die Bestleistu­ng zum richtigen Zeitpunkt kann dem 27 Jahre alten Bayern die Leistung von Kombiniere­r Frenzel dienen.

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