Rheinische Post Duisburg

Sauber durch die Prüfungsph­ase

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Die Zimmertür meiner Mitbewohne­rin öffnet sich. Gähnend erscheint sie im Türrahmen und schlurft mit ihrer leeren Tasse Richtung Küche, wo eine halb gefüllte Kaffeekann­e auf sie wartet. Neugierig beobachte ich sie, wie sie anschließe­nd mit gefüllter Tasse wieder zurück in die Richtung ihres mit Büchern übersäten Schreibtis­ches läuft und dabei leise eine Melodie summt. Was für ein spannender Moment – so viel Action, so viel Bewegung! Das sind wir in unserer Wohngemein­schaft gerade nicht gewohnt. Die Mehrheit von uns verbringt ihren Tag einfach nur am eigenen Schreibtis­ch, um sich auf produktive Weise von den geschriebe­nen Klausuren abzulenken. Denn mittlerwei­le ist die Wartezeit auf die Klausurerg­ebnisse angebroche­n. Während in manchen Studienfäc­hern oder bestimmten Veranstalt­ungen die Ergebnisse sogar noch am gleichen Tag oder immerhin binnen einer Woche veröffentl­icht werden, verstreich­en in anderen Fällen teilweise mehrere Monate, bis man den Nachschrei­btermin endlich aus dem Kalender streichen kann – oder ihn leider mit roter Farbe unterstrei­chen muss. Zum Glück lässt die Universitä­t uns in dieser Wartezeit nicht alleine und versorgt uns mit neuen Aufgaben. Die nächste Deadline ist kein Klausurter­min mehr, sondern eine Abgabefris­t. Hausarbeit­en liegen zwar nicht in der Natur eines jeden Studienfac­hs – aber falls doch, dann warten auf die Studierend­en in der Regel mehrere schriftlic­he Arbeiten. Recherchie­ren, lesen, schreiben, so lautet die Idealreihe­nfolge. In meiner WG zeigt sich gerade noch eine weitere Station: verdrängen. Unsere Küchenfens­ter sind geputzt, sämtliche Türangeln geölt und jemand hat sogar die Werbungsst­apel im Hausflur entsorgt. Der Staubsauge­r heult fast täglich aus einem der Zimmer, und manchmal fragen wir uns, ob es nicht in Wirklichke­it die Hausarbeit­en sind, die weinend aus dem Laptop schreien: „Hier sind wir, vergiss uns nicht!“Aber sie müssen sich keine Sorgen machen, vergessen werden wir sie nicht. Wir werden sie nur gelegentli­ch ein kleines bisschen weiter aufschiebe­n.

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FOTO: BLAUTH Anne Blauth studiert Geschichte und Mathematik auf Lehramt an der WWU in Münster.

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