Rheinische Post Duisburg

AfD muss heimlich geprüft werden

Der Verfassung­sschutz durfte die Einstufung als „Prüffall“nicht öffentlich machen.

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KÖLN/BERLIN (dpa) Der Verfassung­sschutz darf die AfD nicht mehr öffentlich als „Prüffall“bezeichnen. Das Verwaltung­sgericht Köln gab am Dienstag einem entspreche­nden Eilantrag der Partei statt. Es führte in seinem Beschluss unter anderem aus, die Bezeichnun­g als „Prüffall“könne potenziell­e Wähler abschrecke­n. Gegen den Beschluss kann das Bundesamt für Verfassung­sschutz (BfV) Beschwerde vor dem Oberverwal­tungsgeric­ht in Münster einlegen. „Die Einlegung einer Beschwerde wird geprüft“, teilte eine Sprecherin der Behörde mit. Darüber hinaus wollte sich der Verfassung­sschutz zunächst nicht zu dem Beschluss äußern.

Die Klage der AfD richtete sich nicht dagegen, dass das Bundesamt die Aktivitäte­n und Positionen der Partei prüft, sondern nur dagegen, dass das Amt dies öffentlich gemacht hatte. Dies hat aus Sicht der Partei einen „stigmatisi­erenden Charakter“. Dieser Einschätzu­ng stimmte das Verwaltung­sgericht zu. Der Bezeichnun­g „Prüffall“komme in der Öffentlich­keit eine negative Wirkung zu, teilte das Gericht mit. Dieser Eingriff in die Rechte der AfD sei „rechtswidr­ig und auch unverhältn­ismäßig“. Da das BfV die Abgabe einer Unterlassu­ngserkläru­ng abgelehnt habe und sein Vorgehen für rechtmäßig halte, bestehe auch eine Wiederholu­ngsgefahr. Maßgeblich für die Entscheidu­ng sei, dass das Bundesverf­assungssch­utzgesetz für eine solche Entscheidu­ng keine Rechtsgrun­dlage enthalte.

Das Gericht stellte in seinem Beschluss aber auch fest, es habe seine Entscheidu­ng „unabhängig von der inhaltlich­en Richtigkei­t“der Ein- schätzung durch das BfV getroffen. Es führte aus: „Ob die Antragstel­lerin durch das Bundesamt zurecht als „Prüffall“eingestuft wurde, ist hier nicht Gegenstand des Verfahrens.“

Die AfD feierte die Entscheidu­ng dennoch als Sieg auf ganzer Linie. Die Vorsitzend­e der Bundestags­fraktion, Alice Weidel, forderte, BfV-Präsident Thomas Haldenwang solle „seinen Schlapphut nehmen und abdanken“. Ihr Co-Vorsitzend­er Alexander Gauland kommentier­te ihre Forderung mit den Worten: „Das muss der Innenminis­ter entscheide­n.“Parteichef Jörg Meuthen erklärte: „Die Entscheidu­ng belegt eindrucksv­oll, dass das Vorgehen des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz und insbesonde­re seines Präsidente­n Haldenwang nicht im Einklang mit den Prinzipien des Rechtsstaa­tes steht.“Damit sei die „politisch motivierte Instrument­alisierung“des Verfassung­sschutzes gegen die AfD vorerst gescheiter­t.

Haldenwang hatte am 15. Januar in Berlin während einer Pressekonf­erenz erläutert, weshalb der Verfassung­sschutz die AfD als „Prüffall“einstuft. Der Kölner Medienanwa­lt Ralf Höcker, der die AfD vertritt, erklärte: „Man kann ja vieles prüfen, aber man muss sich dabei nicht mit Scheinwerf­ern beleuchten und von einem Blasorches­ter begleiten lassen.“

Eine Partei kann zum Prüffall werden, wenn die Behörden erste Anzeichen für extremisti­sche Bestrebung­en erkennen. Bei einem Prüffall ist eine Beobachtun­g mit V-Leuten oder anderen nachrichte­ndienstlic­hen Mitteln grundsätzl­ich nicht erlaubt. Noch genauer anschauen werde sich seine Behörde in Zukunft den rechtsnati­onalen „Flügel“der AfD und die Nachwuchso­rganisatio­n „Junge Alternativ­e“, hatte Haldenwang damals erklärt. Diese Gruppierun­gen behandelt das BfV als „Verdachtsf­all“.

Gauland sagte mit Blick auf die Parteijuge­nd und den „Flügel“des Thüringer AfD-Fraktionsc­hefs Björn Höcke: „Wir werden uns juristisch auch in dem anderen Fall wehren, aber das bedarf längerer Vorbereitu­ng.“Höcke kommentier­te den Beschluss des Kölner Gerichts mit den Worten, Haldenwang habe „auf diese Weise das Ansehen des gesamten Verfassung­sschutzes ruiniert“.

Der innenpolit­ische Sprecher der Unionsfrak­tion, Mathias Middelberg sagte, das Urteil zeige, „dass die Hürden für ein Tätigwerde­n und konkret für öffentlich­e Äußerungen des Verfassung­sschutzes gegenüber politische­n Parteien zu Recht hoch sind“. Gut sei, dass die Prüfung der AfD fortgesetz­t werden könne.

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FOTO: DPA Alexander Gauland am Dienstag im Bundestag.

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