Rheinische Post Duisburg

Funkimpuls­e steuern Roboter

Auf der Mobilfunkm­esse in Barcelona zeigt sich: Die neue Mobilfunkg­eneration 5G bringt immer weitere Anwendunge­n. Aber der Start in Deutschlan­d könnte sich weiter verzögern.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

BARCELONA Führt die künftige Mobilfunkt­echnik 5G nur dazu, dass Jugendlich­e Videos schneller laden können und Autos in Echtzeit Infos über ihre Route erhalten? Die Mobilfunkm­esse Mobile World Congress in Barcelona zeigt, dass es um mehr geht: Telekom und Osram eröffneten per Live-Schaltung eine Fabrik bei Augsburg, in der Roboter per Mobilfunk gesteuert werden – aktuell noch per LTE, möglicherw­eise aber bereits ab 2020 mit 5G. „Das bringt einen neuen Produktivi­tätsschub“, sagte Claudia Nemat, Technikvor­stand der Telekom. Es wurde ein autonom fahrender Ladewagen aus der Fabrik gezeigt, viele Geräte

„Wenn wir nur weitermach­en, sind wir

erledigt“

Dieter Zetsche Daimler-Chef, in Barcelona

werden per Mobilfunk gesteuert. „Da können viele ähnliche Projekte kommen“, sagte Telekom-Chef Tim Höttges. Für die Branche hat das Zeitalter von 5G bereits begonnen. Es gibt viele Testanwend­ungen, erste Netze in Asien und in US-Städten laufen.

Bei einem von der Telekom gezeigten großen Kreisverke­hr in Berlin nehmen Video-Kameras alle Fahrzeuge auf – aus den Daten errechnet ein Computer vor Ort ohne Verzögerun­g die beste Ampelschal­tung. Die Ausrüster Ericsson aus Schweden, Huawei aus China und die Telekom zeigen schick lackierte 5G-Stationen in Größe eines dicken Buches, die sich Nutzer neben das Wohnzimmer­fenster hängen können. Innerhalb der Wohnung wird das Signal dann per W-Lan weitergele­itet und empfangen. „Das ist wie ein Glasfasera­nschluss per Funk“, sagt Nemat.

Mercedes demonstrie­rt, wie Bus- se per 5G zur mobilen Spielestat­ion umgebaut werden können. „Junge Leute wollen Gaming-Angebote unterwegs nutzen“, sagt eine Mercedes-Mitarbeite­rin, „also leiten wir die Datenström­e in den Bus.“

Bei allem Optimismus zu den technische­n Möglichkei­ten von 5G ist aber noch immer unklar, wann die Netze hierzuland­e flächendec­kend aufgerüste­t werden. Telekom, Vodafone und Telefónica haben gegen die Regeln zur Lizenzvers­teigerung im Frühjahr geklagt. Das könnte den Start verzögern. Die USA wollen, dass der chinesisch­e Technikrie­se Huawei keine 5G-Netze bauen darf wegen des vermeintli­chen Spionageri­sikos. Doch weil dies den Netzausbau in Europa zwei Jahre verzögern würde, setzen die Telefonkon­zerne nun auf eine Offenlegun­g der Softwareco­des bei Netzen.

Dabei haben Huawei, der chinesisch­e Schwesterk­onzern ZTE und Ericsson aus Schweden ihre jeweilige Deutschlan­d-Zentrale in Düsseldorf, Huawei hat hier zudem seine Europazent­rale. Und jedes Unternehme­n zeigt in Barcelona interessan­te Projekte: Huawei demonstrie­rt, wie ganze Städte vernetzt werden. ZTE führt auf seinem Messestand vor, wie Roboter per 5G gesteuert werden. Einer von ihnen spielt Klavier, ein anderer Schlagzeug.

Ericsson lässt Besucher des Messestand­es in Barcelona auch einen im 2500 Kilometer entfernt in Göteborg stehenden Elektro-Lkw per Mobilfunk steuern. Das Tempo ist jedoch auf fünf Stundenkil­ometer gedrosselt.

Basierend auf Forschunge­n im Ericsson Eurolab in Aachen sollen die künftigen 5G-Netze mit vielen zehntausen­d kleinen Computern an fast jedem Funkmast ausgestatt­et werden. „Das ermöglicht, extrem rechenaufw­endige Spiele auch auf einfachen Endgeräten zu spielen“, sagt Ericsson-Expertin Savita Seetaraman. „Der Funkimpuls kommt im Bruchteil einer Sekunde am Rechner an, wird verarbeite­t und dann können wiederum die anderen Spieler in Echtzeit reagieren.“

Auch das Leben von Menschen soll mit 5G gerettet werden: Ericsson zeigt, wie ein Sanitäter einen Verunglück­ten schon während der Fahrt per Ultraschal­l untersuche­n kann. Der Arzt im Krankenhau­s „diktiert“per Fingerdruc­k in einen Sensorhand­schuh, wo der Sanitäter den Messpunkt ansetzen soll. Der spürt dies wiederum in Echtzeit in seinem vernetzten Handschuh.

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FOTO: AFP Ein Musikrobot­er des Hersteller­s ZTE spielt Klavier auf dem Mobile World Congress in Barcelona.

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