Rheinische Post Duisburg

Die Katze von Anzing

Sepp Maier wird am Donnerstag 75. Als Torwart war er einer der Größten, wurde Welt- und Europameis­ter.

- VON GIANNI COSTA

MÜNCHEN Das Leben des Josef, genannt „Sepp“, Maier, gelernter Maschinens­chlosser, hat so manche Wendung genommen, die nicht eingeplant war. Er gehört zu den Erfindern des modernen Torwarthan­dschuhs mit der Firma Reusch. Er war der erste Torwarttra­iner in der Bundesliga, der Belgier Jean-Marie Pfaff hatte ihn 1985 gebeten, ihn zu trainieren. Damals gab es diese Position noch überhaupt nicht. „Wie stellst du dir das vor? Was soll der Jupp sagen, wenn ich da plötzlich auf dem Platz stehe?“Der „Jupp“, Josef Heynckes, erkannte schnell, wie sinnvoll es ist, einen Sezialiste­n im Team zu haben. Jahre später hatte Maier die Aufgabe übertragen bekommen, den „Rohdiamant­en“Oliver Kahn zu schleifen. Er machte aus ihm einen der besten Keeper seiner Zeit.

Zu seinem 65. Geburtstag war Sepp Maier auf Konzertrei­se mit Florian Silbereise­n – im „Überraschu­ngsfest der Volksmusik“. Er war dort Gesangspar­tner von Wencke Myhre und hat ihr bei ihrem alten Hit „Er steht im Tor“sekundiert. Dazu hat er, der Hobby-Magier, einen Zauberer gegeben, der Frauen und eine Ente verschwind­en ließ. Zehn Jahre später, zu seinem 75. Geburtstag, hat er sich selbst verschwind­en lassen. Keine große Bühne, davon hatte er genug in seinem Leben. Sepp Maier hat sich immer an eines gehalten: Sepp Mai- er zu sein. Er hat sich nicht verbiegen lassen, war selten diplomatis­ch, hat gepoltert und gegrantelt, wenn er seine Meinung nicht ausreichen­d gewürdigt sah.

Sepp Maier war eigentlich Torjäger. In den 1950er-Jahren. Irgendwann verletzte sich der etatmäßige Schlussman­n, und der Maier-Sepp ging eben in den Kasten. In seiner ersten Partie kassierte er zwar zwölf Treffer, hatte aber viele andere verhindert. Der FC Bayern war so beeindruck­t, dass er der „Katze von Anzing“prompt ein Angebot machte. Maier hatte maßgeblich­en Anteil am Aufstieg des Vereins. Und dessen ist er sich durchaus bewusst. „Der Gerd war sicher der wichtigste Spieler, der hat die Tore gemacht”, sagt Maier, „dann komm ich – ich habe sie verhindert. Am meisten geschimpft aber hat der Franz.” 472 Spiele hat er für den FC Bayern in der Bundesliga gemacht, 442 (!) am Stück: 13 Jahre ohne Pause. Es wären sicher noch mehr geworden, doch 1979 wäre er bei einem selbst verschulde­ten Autounfall fast ums Leben gekommen. Pal Csernai, der damalige Trainer, ließ ihn fortan links liegen. Uli Hoeneß, gerade Manager geworden, riet ihm dazu, sich lieber die Versicheru­ngspolice auszahlen zu lassen.

Beckenbaue­r, lange einer seiner engsten Vertrauten, holte ihn 1987 zur Nationalma­nnschaft – als Bundestorw­arttrainer. Für Maier ein absoluter Traumjob. Er wurde allerdings zum Albtraum, als Jürgen „Es war unwürdig, wie mit Sepp Maier umgegangen worden ist, das hatte er nicht verdient“

Oliver Kahn Ehemaliger Schützling von Maier

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FOTO: SVEN SIMON Immer für einen Spaß zu haben im Trikot des FC Bayern und der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft: Sepp Maier.

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