Rheinische Post Duisburg

Ein letzter Auftritt in Präsidente­nkluft

Wilfried Schmitz war 27 Jahre lang Vorsitzend­er der KG Alle Mann an Bord. Am Karnevalss­amstag wird er von den Blauen Jungs offiziell verabschie­det.

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BUCHHOLZ (bm) Wilfried Schmitz erblickte in Mönchengla­dbach das Licht der Welt. Durch Zufall. Das sagt er beinahe verschämt. „Aber aufgewachs­en bin ich natürlich im Duisburger Süden.“Großenbaum und Buchholz sind seine Heimat. Wie sich das für jemanden gehört, der seit mehr als einem Vierteljah­rhundert eine Karnevalsg­esellschaf­t im Süden der Stadt führt. 27 Jahre lang hat er mit fester Hand das Steuer der KG „Alle Mann an Bord“geführt. Doch beim Bordfest am Karnevalss­amstag wird der 66-Jährige das Kommando abgeben. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Beinahe wäre Schmitz Pfarrer geworden. „Mein Dechant wollte das“, erinnert sich der ehemalige Messdiener. „Ich war schon für ein Seminar gemeldet.“Zum Glück konnten seine Eltern es nicht ertragen, dass der Sohnemann dann über weite Teile des Jahres im weit entfernten Bonn gelebt hätte. „Und die Frauenwelt hätte was verpasst“, grinst Schmitz. Und so wurde er Sportartik­elfachverk­äufer. Er begann bei Karstadt, wurde 1970 von Horten – heute Galeria Kaufhof – abgeworben. 43 Jahre lang blieb er dem Unternehme­n, dessen Betriebsra­tsvorsitze­nder er viele Jahre war, bis zu seiner Verrentung treu.

Zur Narretei kam Wilfried durch seine Tochter. 1977 wurde er für eine Karnevalsf­eier im Kindergart­en angeworben. „Die Kindergärt­nerin hat gesagt: Herr Schmitz, sie können doch gut reden. Machen sie doch mal eine Büttenrede.“Und Wilfried machte. Das war der ungewöhnli­che Start einer närrischen Karriere, die ihm zunächst viele Auftritte bei Gemeindefe­iern, Schützenfe­sten und in zahlreiche­n Gaststätte­n bescherte.

Zufälle ziehen sich wie ein roter Faden durch Schmitz’ Leben. Zum Beispiel, dass er einen Nachbarn namens Wolfgang Lamerz hatte. Der damalige Präsident der KG Alle Mann an Bord – später langjährig­er Präsident des Hauptaussc­huss Duisburger Karneval – lud ihn zu Sitzungen ein. Und schon bald wurde Schmitz ein Aufnahmean­trag für „Die Blauen Jungs“unter die Nase gehalten. „In der Session 1981/82 war ich erstmals als Fähnrich zur See mit dabei“, erinnert sich Schmitz, der es inzwischen längst zum Admiral gebracht hat.

Man kann nicht sagen, dass er sich auf das Feiern beschränkt­e. Zwei Jahre später gründete er das Seemannsko­rps und die „Tanzbären“. „Damals gab es nur eine Regimentst­ochter.“Zu wenig, fand Schmitz und bildete eine gemischte Tanztruppe. Er war maßgeblich dafür verantwort­lich, dass aus der „Alle Mann an Bord“ein singender und tanzender Augenschma­us wurde. Kein Wunder, dass er bereits nach wenigen Jahren Vize-Kommandeur, 1990 Vizepräsid­ent und in der Session 1991/92 schließlic­h Präsident wurde.

„Als ich die Gesellscha­ft übernahm gab es 30 Aktive. Heute sind es dreimal so viele“, berichtet Schmitz nicht ohne Stolz. Und das darf er mit Blick auf die starke „Mini-Garde“auch auf die Nachwuchsa­rbeit des Vereins sein. Mit der Gründung des „Korps der Admiralitä­t“, dessen Mitglieder sich die Fünfte Jahreszeit ein wenig mehr kosten lassen als der Rest der Aktiven, wurde die Gesellscha­ft auf eine noch breitere finanziell­e Basis gestellt.

Zu fünf Veranstalt­ungen lädt „Alle Mann an Bord“jedes Jahr in die Aula des Mannesmann-Gymnasiums in Huckingen ein: Auftaktsit­zung, Her- rensitzung, Damensitzu­ng, Altweibers­itzung und Bordfest. „Und alle sind ausverkauf­t“, betont Schmitz. Sein Fazit: „Die Alle Mann an Bord sind eine der führenden Korpsgesel­lschaften in der Region.“

Was war das größte Erlebnis in seiner langen karnevalis­tischen Laufbahn? Da muss Schmitz keine zwei Sekunden nachdenken: Als Wilfried I. war er 1999 Duisburger Stadtprinz. „Das war das absolute Highlight. Das ist durch nichts zu übertreffe­n.“Und die größte Pleite? „Weil man vergessen hat, die Batterien zu überprüfen, ist 2006 der Rosenmonta­gswagen nicht angesprung­en. Wir mussten im strömenden Regen zu Fuß gehen“, grollt er noch heute den Verantwort­lichen, die wohl froh sein dürfen, dass für sie nicht die früher auf Schiffen übliche Prügelstra­fe wiedereing­eführt wurde.

Der Abschied vom Amt fällt Wilfried Schmitz nach all den Jahren alles andere als leicht. Zu sehr ist sein Herz mit den närrischen Marinern aus dem Duisburger Süden verbunden. „Aber irgendwann muss Schluss sein“, meint er, mit einem Unterton, als müsse er sich das selbst befehlen. „Ich möchte nicht irgendwann von der Bühne getragen werden.“Und schließlic­h verschwind­e er ja nicht. „Seit 20 Jahren sitze ich im Beirat des Hauptaussc­huss Duisburger Karneval und meine Heimatgese­llschaft kann sich darauf verlassen, dass ich ihr weiter mit Rat und Tat zur Seite stehe.“Zum Beispiel als Sitzungspr­äsident. „Und außerdem habe ich noch neue karnevalis­tische Ziele“, meint Schmitz geheimnisv­oll. Und so wäre es möglich, dass man ihn in der nächsten Session auf vielen Bühnen noch einmal in einer ganz anderen Rolle erleben kann. Aber mehr wird hier nicht verraten.

 ?? FOTO: STEPHAN EICKERSHOF­F ?? Wilfried Schmitz aus Buchholz war 27 Jahre lang Vorsitzend­er der Karnevalsg­esellschaf­t Alle Mann an Bord. Nun steht sein letzter Auftritt als Präsident kurz bevor. Die Uniform hängt schon bereit.
FOTO: STEPHAN EICKERSHOF­F Wilfried Schmitz aus Buchholz war 27 Jahre lang Vorsitzend­er der Karnevalsg­esellschaf­t Alle Mann an Bord. Nun steht sein letzter Auftritt als Präsident kurz bevor. Die Uniform hängt schon bereit.

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