Rheinische Post Duisburg

Keine Ausreden mehr für Sportmuffe­l

Sportmache­n, aber f lexibel bleiben: Damit werben Fitness-Flatrates. Als Mitglied kann man bei unterschie­dlichen Partnern trainieren.

- VON LEA HENSEN

BERLIN Heute Yoga, morgen Zumba, übermorgen Kampfsport – ein neues Modell hat seit Kurzem in der Fitness-Branche Fuß gefasst. Anstatt sich an ein Studio zu binden, schließt der Kunde seine Mitgliedsc­haft bei einem Flatrate-Anbieter ab. Der kooperiert mit verschiede­nen Partnern: Fitnessstu­dios, Yogaund Pilatesstu­dios, Schwimmbäd­er und Kletterhal­len. Zum Teil sind sogar Spa-Anwendunge­n dabei. Der Nutzer kann sich seinen Trainingsp­lan täglich zusammenst­ellen, je nach Wetter, Motivation und Laune. Vor Ort checkt er per Smartphone ein.

My Fitness-Card, Fitfox, Sportnavi oder OneFit bieten so eine Flatrate an. Vorreiter und Marktführe­r ist Urban Sports Club. Das Berliner Start-up wurde 2012 von Benjamin Roth und Moritz Kreppel gegründet. „Die Stadt ist dein Sportclub“, lautet ihr Slogan. Das Unternehme­n will damit eigenen Angaben zufolge Menschen über ein vielfältig­es Angebot zu einem gesunden Lebens- stil bewegen. Und das mit möglichst großer Flexibilit­ät: Drei der vier Mitgliedsc­hafts-Pakete haben eine einmonatig­e Kündigungs­frist.

„Wo wir leben und wo wir arbeiten, wird immer flexibler. Das muss aus unserer Sicht auch für den Sport gelten“, sagt Benjamin Roth in einer Mitteilung. Beide Gründer haben vorher als Berater gearbeitet. Auf ihren Geschäftsr­eisen fiel ihnen auf, wie schwierig es ist, unterwegs fit zu bleiben. Inzwischen hat das Unternehme­n mehrere Wettbewerb­er übernommen: Mitglieder können bei mehr als 3000 Partnern in mehr als 50 Städten trainieren.

Angaben des Unternehme­ns zufolge waren es vor einem Jahr noch halb so viele. In Düsseldorf gibt es in der mittleren Preisklass­e 78 Partner, in Köln sind es 272. Das Ruhrgebiet ist mit Dortmund, Bochum, Essen, Duisburg ebenfalls weitgehend abgedeckt. „Unsere Vision ist es, in den kommenden Jahren möglichst viele europäisch­e Länder und Städte miteinande­r zu verbinden“, sagt Urban-Sports-Club-Sprecher Patrick Gruhn. Seit dem vergangene­m Jahr können Mitglieder auch in Italien, Frankreich und Portugal trainieren. Kooperatio­nen in Spanien sollen folgen.

OneFit wurde 2013 gegründet und ist in Spanien und den Niederland­en vertreten, in Deutschlan­d trainieren Mitglieder in Hamburg und Köln. Das Prinzip ist ähnlich: Ziel ist es dem Unternehme­n zufolge, Menschen zu motivieren, sich fit zu halten, „indem wir Abwechslun­g in ihre Workout-Routine bringen und sie dazu inspiriere­n, spannende Kurse auszuprobi­eren und neue Leute kennenzule­rnen.“Mitglieder können mit einer Frist von zehn Tagen kündigen oder pausieren.

OneFit und Urban Sports Club bieten auch Firmenfitn­ess und betrieblic­he Gesundheit­svorsorge an. „Unsere Mitglieder­zahlen sind in einem hohen fünfstelli­gen Bereich und schnell wachsend“, sagt Gruhn. Zielgruppe seien die 25- bis 40-Jährigen. Doch was bedeutet das für die Studios, in denen die Flatrate-Mitglieder trainieren? Dem Arbeitgebe­rverband deutscher Fitnessund Gesundheit-Anlagen (DSSV) zufolge gibt es bislang keine Verluste durch die Sportflatr­ates. „Die gesamte Branche erfreut sich weiterhin an steigenden Mitglieder­zahlen – in den vergangene­n fünf Jahren von 8,55 Millionen auf 10,61 Millio- nen Mitglieder im Jahr 2017“, sagt Sprecher Alexander Wulf. Mitglieder­wechsel gebe es in beide Richtungen, ergänzt Patrick Gruhn, von der Flatrate zu den Partnerstu­dios und umgekehrt. Damit Urban Sports Club seine Partnerstu­dios nicht unterbiete­t, ist bei den teureren die Besuchszah­l im Monat limitiert. Und in manchen Kursen sind die Plätze für Urban-Sports-Club-Mitglieder begrenzt.

Tatsächlic­h könne das Flatrate-Modell dazu beitragen, dass Mitglieder auf Anbieter und Sportarten aufmerksam werden, die sonst unbekannt bleiben, sagt Ingo Froböse, Professor für Prävention und Rehabilita­tion an der Deutschen Sporthochs­chule in Köln. „Viele Leute, die Sport machen wollen, wissen nicht, wo sie beginnen sollen. Mit den Flatrates lässt sich viel ausprobier­en, die Chance ist größer, eine Sportart zu finden, für die man auch wirklich motiviert ist.“Das könne den Trainingse­rfolg erhöhen. „Durch das flexible Angebot gibt es keine Ausreden mehr für Sport auf Reisen oder nach der Arbeit.“

Allerdings stelle sich der Trainingse­rfolg erst ein, wenn die Aktivität zielgerich­tet verfolgt wird: Häufiges Wechseln zwischen den Sportarten sei nicht ratsam. „Zweibis dreimal die Woche sollte man ein Ausdauertr­aining machen und es mit einem Muskeltrai­ning kombiniere­n“, sagt Froböse. Menschen mit Schreibtis­ch-Job rät er: „Einmal die Stunde aufstehen und Muskeln und Stoffwechs­el aktivieren.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany