Rheinische Post Duisburg

Festnahmen nach Doping-Razzia bei Ski-WM

Das BKA in Österreich spricht von der Zerschlagu­ng eines „weltweit agierenden Dopingnetz­werks“.

- VON PATRICK REICHARDT UND THOMAS ESSER

SEEFELD (dpa) Die „Operation Aderlass“hat Doping-Abgründe bei der Nordischen Ski-WM aufgedeckt und könnte auch noch andere Sportarten erfassen. Fahnder erwischten bei einer Razzia im WM-Ort Seefeld einen Langläufer kurz vor dem Wettkampf mit der Nadel im Arm, sieben Verdächtig­e wurden in Tirol und zwei in Erfurt festgenomm­en. „Es sind sicher auch noch andere Sportarten betroffen“, sagte Dieter Csefan vom österreich­ischen Bundeskrim­inalamt am Mittwoch. Auslöser der neuen Ermittlung­swelle waren die Enthüllung­en des früheren Dopingsünd­ers Johannes Dürr, einem österreich­ischen Langläufer.

„Uns ist es gelungen, auch einen Sportler auf frischer Tat zu erleben“, sagte Dieter Csefan vom Bundeskrim­inalamt bei einer Pressekonf­erenz am Mittwoch in Innsbruck. Demnach sei der Sportler mit Bluttransf­usion im Arm angetroffe­n und festgenomm­en wurden.

Insgesamt wurden bei der „Zerschlagu­ng eines weltweit agierenden Netzwerks“fünf Langläufer (zwei aus Österreich, zwei aus Estland sowie einer aus Kasachstan) und zwei weitere tatverdäch­tige Personen im WM-Ort in Tirol festgenomm­en, dazu in Erfurt ein deutscher Sportmediz­iner und ein weiterer Komplize aus Deutschlan­d. Außerdem gab es 16 Hausdurchs­uchungen.

Der Deutsche Skiverband war in die Razzien und Untersuchu­ngen nicht involviert. Es seien von den Untersuchu­ngen weder deutsche Sportler, noch das Umfeld oder deutsche Mannschaft­särzte betroffen, teilte der DSV mit. Zuvor hatten die ARD-Dopingreda­ktion und die „Süddeutsch­e Zeitung“von den Razzien berichtet. Am Morgen wur- de rund um Seefeld bereits umfassend der Verkehr kontrollie­rt, einige Straßen wurden sogar gesperrt. Das Vorgehen des BKA war bis ins Detail geplant.

Die Verantwort­lichen in Österreich­s Langlauf-Team zeigten sich von dem größten Vorfall seit den Olympische­n Winterspie­len 2006 in Turin schockiert. Markus Gandler, der Sportliche Leiter im ÖSV für Langlauf und Biathlon, sagte: „Es hat sich herausgest­ellt, dass an mehreren Stellen Athleten erwischt worden sind bei unerlaubte­n Methoden oder beim Dopen. Leider, das macht mich betroffen, sind zwei Athleten von uns dabei. Sie sind in Haft genommen worden“, sagte der 52 Jahre alte Gandler nach Angaben der Nachrichte­nagentur APA. Österreich­s Langlauf-Koordinato­r Trond Nystad sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Ich hätte gedacht, dass sie trainieren und nicht, dass sie so einen Scheiß machen.“

Neun der 16 Hausdurchs­uchungs-Objekte hätten sich in Erfurt befunden, erklärte die Staatsanwa­ltschaft München I. Die Ermittlung­en hätten im Zusammenha­ng mit dem Verdacht des verbotenen Eigenblutd­opings gestanden. Ausgelöst worden sei das Ermittlung­sverfahren der Staatsanwa­ltschaft München I durch die Angaben von ÖSV-Läufer Dürr, der in der am 17. Januar 2019 ausgestrah­lten ARD-Sendung „Die Gier nach Gold – Der Weg in die Dopingfall­e“ausführlic­h Dopingprak­tiken im modernen Leistungss­port offengeleg­t hatte.

Das österreich­ische BKA hatte schon vor zwei Jahren bei der Biathlon-WM in Hochfilzen in den Teamunterk­ünften der kasachisch­en Nationalma­nnschaft eine Razzia durchgefüh­rt. Bei der nächtliche­n Durchsuchu­ng wurden damals zahlreiche medizinisc­he Produkte und Medikament­e sichergest­ellt.

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FOTO: DPA Im österreich­ischen Ski-WMOrt Seefeld durchsucht­en Polizisten bei einer Doping-Razzia die Unterkünft­e von Sportlern. Das Bundeskrim­inalamt koordinier­tedie Aktionen an mehreren Orten. Neun Menschen wurden festgenomm­en.

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