Rheinische Post Duisburg

Orbán auf Versöhnung­stour

Der Druck auf den ungarische­n Premier nahm zuletzt zu. Nun versucht er, die CDU-Chefin zu besänftige­n.

- VON GREGOR MAYER UND MICHEL WINDE

BUDAPEST (dpa) Nach einer umstritten­en Plakatkamp­agne gegen EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker ist der rechts-nationale ungarische Ministerpr­äsident Viktor Orbán bemüht, die Wogen zu glätten. Wie ungarische Medien am Donnerstag berichtete­n, trafen sich zwei Orbán-Vertraute – Kanzleramt­sminister Gergely Gulyas und Ex-Sozialmini­ster Zoltan Balog – in Berlin mit CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r. Die EU-Kommission wies die Behauptung­en der Plakatkamp­agne derweil in aller Schärfe zurück.

Die CDU in Berlin bestätigte das Treffen mit dem stellvertr­etenden Vorsitzend­en der Fidesz-Partei, Gulyas. Kramp-Karrenbaue­r habe die Fidesz dazu aufgeforde­rt, glaubhaft zu beweisen, dass sie sich den gemeinsame­n Werten der EVP und den gemeinsame­n Zielen der Arbeit im Europaparl­ament weiter verbunden fühle. Sie habe bereits im CDU-Bundesvors­tand am Montag angekündig­t, die klare und abgestimmt­e Distanzier­ung von CDU und CSU von der Plakatkamp­agne der ungarische­n Regierung im direkten Gespräch deutlich zu machen.

Über das Treffen hatte zuvor der „Welt“-Journalist Robin Alexander auf Twitter berichtet. Demnach suchten die Orbán-Vertrauten das Gespräch mit Kramp-Karrenbaue­r, um einen Ausschluss der ungarische­n Regierungs­partei Fidesz aus der konservati­ven Europäisch­en Volksparte­i (EVP) abzuwenden. Dieser gehören auch CDU und CSU an.

Seit vergangene­r Woche hängen in Ungarn Plakate, auf denen Juncker und der liberale US-Milliardär ungarische­r Herkunft, George Soros, in unvorteilh­after Pose zu sehen sind. Darunter stehen Behauptung­en, die suggeriere­n, beide wollten illega- le Migration nach Ungarn fördern. Juncker war als Spitzenkan­didat der EVP zum Kommission­spräsident­en gewählt worden. In der EVP waren anschließe­nd Stimmen laut geworden, die Fidesz-Partei aus der Parteienfa­milie auszuschli­eßen. Dem schlossen sich führende Unionspoli­tiker in Deutschlan­d nicht an.

Angesichts der Kampagne veröffentl­ichte die EU-Kommission am Donnerstag ein vierseitig­es Papier, das den Behauptung­en der Fidesz-Kampagne widerspric­ht. „Wir stimmen darin überein, dass die Menschen es verdienen, die Wahrheit zu kennen“, sagte eine Spreche- rin der Brüsseler Behörde. In dem Papier heißt es: „Die Wahrheit ist, dass es keine Verschwöru­ng gibt.“Die Behauptung­en der ungarische­n Regierung seien schlimmste­nfalls faktisch völlig falsch und bestenfall­s höchst irreführen­d. „Und nichts davon hat mit George Soros zu tun.“

Anschließe­nd geht das Papier Punkt für Punkt auf jede Behauptung ein. Es stellt klar, dass die Aufnahme von Migranten von außerhalb der EU für jedes EU-Land freiwillig sei; dass die EU nationalen Grenzschut­z nicht unterlaufe, sondern unterstütz­e; dass die EU-Kommission keine Pläne für humanitäre Visa habe und dass es Sache jedes einzelnen EU-Staats ist, ob er die Einwanderu­ng qualifizie­rter Einwandere­r zulassen wolle. Das Kollegium der Kommissare habe sich geschlosse­n – inklusive des ungarische­n Vertreters Tibor Navracsics, der selbst Fidesz-Mitglied ist – zu dieser Antwort entschiede­n, sagte die Sprecherin.

Die opposition­elle Tageszeitu­ng „Nepszava“berichtete am Donnerstag unter Berufung auf Fidesz-Kreise, Orbans Gesandte in Berlin hätten bei Kramp-Karrenbaue­r „minimale Fortschrit­te“erzielt. Dem privaten Fernsehsen­der ATV zufolge soll ein EVP-Ausschluss von Fidesz bis zur Europawahl im Mai vom Tisch sein.

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FOTO: AP Eines der umstritten­en Plakate zeigt EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker und den amerikanis­ch-ungarische­n Investor George Soros. Darauf ist zu lesen: „Auch ihr habt das Recht zu erfahren, was Brüssel plant“.

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