Rheinische Post Duisburg

CSU will der Umwelthilf­e die Gemeinnütz­igkeit entziehen

Die Union verschärft ihren Ton. Sie will notfalls auch Gesetze ändern, um der erfolgreic­hen Organisati­on Einhalt zu gebieten. Andere Parteien sind dagegen.

- VON JAN DREBES

BERLIN Die Union hat ihre Angriffe auf die Deutsche Umwelthilf­e (DUH) verstärkt. CDU und CSU wollen der Organisati­on die Gemeinnütz­igkeit aberkennen. „Wir brauchen strengere Regeln, um Missbrauch wie im Fall der Umwelthilf­e zu verhindern“, sagte der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der CSU-Landesgrup­pe, Stefan Müller, der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“. Er bezeichnet­e die Organisati­on als „militante Splittergr­uppe“und „Abmahnun- ternehmen unter dem Deckmantel des Klimaschut­zes“. Das sei eine unternehme­rische Tätigkeit.

Anlass für den verschärft­en Ton ist das in der vergangene­n Woche öffentlich gewordene Grundsatzu­rteil des Bundesfina­nzhofes im Fall der globalisie­rungskriti­schen Gruppierun­g Attac. Ihr hatten die Richter die Gemeinnütz­igkeit wegen der politisch sehr breiten Kampagnen abgesproch­en. Bei der Umwelthilf­e aber erstrecken sich die Aktivitäte­n zumeist auf den Umwelt- und Klimaschut­z, der im Steuerrech­t als gemeinnütz­iger Zweck genannt wird. Dennoch sieht Müller Angriffsfl­ächen, ohne konkrete Reformvors­chläge zu machen. Mit 361 stimmberec­htigten Mitglieder­n sei die DUH keine Organisati­on „mit großer Basis wie der BUND oder Greenpeace“. Zuvor hatte die CDU auf ihrem Parteitag in Hamburg geschlosse­n, die DUH auf ihre Gemeinnütz­igkeit hin zu prüfen.

Die Umwelthilf­e ist seit Jahren mit Abmahnunge­n aktiv, verklagt Händler, wenn sie falsche Emissionsa­ngaben zu Autos oder Gebäuden machen. Wirklich bekannt wurde die Organisati­on mit ihrem Geschäfts- führer Jürgen Resch aber erst, als sie einen Prozess nach dem anderen wegen der Überschrei­tung von Luftgrenzw­erten gewann. In mehreren Kommunen mussten daraufhin Fahrverbot­e verhängt werden. Besonders kritisch für die Politik: Mit dem Land Hessen einigte sie sich zuletzt in einem außergeric­htlichen Vergleich auf Fahrverbot­e in Darmstadt – damit nahm sie erstmals direkten Einfluss auf die Verkehrspo­litik, ohne dass es einen Richterspr­uch gab.

Doch trotz aller Kritik an der Organisati­on bekommt nun die Uni- on Gegenwind vom Bündnispar­tner SPD. Die sozialdemo­kratische Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze sprang der Umwelthilf­e bei. „Dass die DUH die Klagerecht­e wahrnimmt, mag nicht jedem gefallen, ist in einer Demokratie aber normal“, sagte Schulze der „Bild am Sonntag“. „Die Lösung muss sein, dass wir vor Ort die Luftreinha­ltepläne umsetzen und dass die Autoindust­rie endlich die Fahrzeuge technisch nachrüstet.“Auch der finanzpoli­tische Sprecher der SPD-Fraktion, Lothar Binding, sagte: „Gemeinnütz­ige Organisati­onen müssen politisch aktiv sein können. Anders ist eine Verfolgung ihrer gemeinnütz­igen Zwecke nicht effektiv möglich.“Er zeigte sich mit Blick auf Attac gar offen dafür, den Katalog gemeinnütz­iger Zwecke in der Abgabenord­nung zu erweitern, „um auch künftig eine Verfolgung gemeinnütz­iger Zwecke mit politische­n Aktionen zu ermögliche­n“.

DUH-Geschäftsf­ührer Sascha Müller-Kraenner sprach von einem Angriff auf die gesamte Zivilgesel­lschaft. „Der Überbringe­r der schlechten Nachricht“werde zum Sündenbock gemacht.

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