Barley verteidigt Whistleblower-Kurs
Kritiker werfen der Justizministerin die Blockade von besserem Schutz in der EU vor.
BERLIN Vor neuen Verhandlungen zwischen EU-Staaten, Kommission und Europaparlament zum Schutz von Tippgebern in Unternehmen hat Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) ihren Kurs gegen harsche Kritik verteidigt. „Whistleblower bringen häufig die entscheidenden Recherchen und Ermittlungen erst ins Rollen“, sagte Barley unserer Redaktion. „Das erfordert Mut, der nicht sanktioniert, sondern unterstützt werden muss.“
Immer wieder hatten Hinweisgeber große Wirtschaftsskandale um Korruption und Geldwäsche wie die Panama Papers oder das Facebook-Datenleck aufgedeckt. Nun ist Streit über das Verfahren entbrannt, wie sie etwa vor Kündigungen besser geschützt werden können. Die EU-Staaten und die Kommission schlagen derzeit ein dreistufiges System vor, bei dem sich Whistle- blower in der Regel zuerst an Stellen in der eigenen Firma wenden müssen, bevor sie ihre Kenntnisse über Missstände an Behörden oder Medien herantragen dürfen.
Dieses Verfahren stieß bei Grünen, Linken und Whistleblower-Experten auf Ablehnung. Sie erachten es als realitätsfern, sich in einem korrupten Unternehmen erst intern offenbaren zu müssen. Barley warfen sie vor, die Forderungen des Europaparlaments nach flexibleren Meldewegen zu blockieren und Unternehmensinteressen dem Schutz der Tippgeber vorzuziehen.
Barley will das nicht gelten lassen: „Unternehmen müssen interne Meldestrukturen schaffen, um Missstände schnell abstellen zu können.“Whistleblower dürften aber nicht durch die Angst, Nachteile im Job zu erleiden, zum Schweigen gebracht werden. „Ein Whistleblower darf deshalb nicht gezwungen werden, sein Vorhaben zuerst dem Unternehmen mitzuteilen“, sagte Barley nun. Es gehe nicht darum, Pranger zu bauen, sondern darum, Übel und schlechtes Management zu beseitigen. Ein Ministeriumssprecher betonte, dass der Richtlinienvorschlag bisher zwar ein dreistufiges Meldesystem vorsehe, dieses aber nicht starr sei. Den Angaben zufolge könnten sich Whistleblower in besonderen Fällen auch unmittelbar an Behörden oder die Öffentlichkeit wenden.