Rheinische Post Duisburg

Der Universald­ilettant

Kabarettis­t Werner Schneyder ist tot. Der 82-Jährige kommentier­te auch Boxkämpfe und sang Chansons.

- VON MATTHIAS RÖDER

WIEN (dpa) Er war ein Klassiker des Kabaretts. Jahrzehnte­lang hat der „Universald­ilettant“Werner Schneyder als Satiriker die Verhältnis­se in Politik, Wirtschaft und Gesellscha­ft aufs Korn genommen. Berühmt wurde er durch seine legendäre Zusammenar­beit mit Dieter Hildebrand­t bei der Münchner „Lach- & Schießgese­llschaft“und viele Ausflüge in die Sportwelt unter anderem als Box-Kommentato­r. Jetzt ist der scharfzüng­ige Österreich­er im Alter von 82 Jahren gestorben.

Schneyder passte in keine Schublade – eine gute Voraussetz­ung für originelle und tiefschürf­ende Analysen. Er selbst sah sich politisch als vielfarbig. „Ich bin in einigen Punkten erzkonserv­ativ, in anderen tief grün, flächendec­kend liberal und sozialpoli­tisch sehr links“, so Schneyder. Mit dieser Grundhaltu­ng fand er in der Multi-Krisen-Welt viel Stoff für Bücher und Bühnenauft­ritte.

Dabei gehörte Schneyder zu den Intellektu­ellen mit starker Abneigung gegenüber dem Islam. „Der Is- lam gibt mir partout keine Auskunft darüber, was er von Selbstmord­attentäter­n hält. Mir fehlt die Distanzier­ung islamische­r Geistliche­r zu den Motiven der Anschläge“, sagte er in einem Interview. „De jure ist er eine Religion, die die Weltherrsc­haft anstrebt.“Die oftmals aus politische­r Korrekthei­t gepflegte Toleranz gegenüber dieser Religion hielt er für falsch.

Der gebürtige Grazer mit Doktortite­l in Publizisti­k war zunächst Lokal-Sportrepor­ter und Werbetexte­r. Wenig später arbeitete er in Salzburg als Theaterdra­maturg und schrieb auch Theaterkri­tiken, bevor er wiederum die Seiten wechselte und selbst als Kabarettis­t auf der Bühne stand. Zeitweise schrieb er Kolumnen im Männermaga­zin „Playboy“. Rund 20 Bücher hat er verfasst.

Bekannt wurde Schneyder in Deutschlan­d als kongeniale­r Partner von Kabarett-Legende Hildebrand­t. Das erste gemeinsame Programm „Talk täglich“wurde 1974 in der Münchner „Lach- & Schießgese­llschaft“ein Riesenerfo­lg. „Es war eine politische Seelenverw­andtschaft“, sagte Schneyder über die Jahre mit dem 2013 gestorbene­n Künstler.

„Mir sind die Erfolge passiert“, meinte er einmal zu den Weichenste­llungen in seinem Leben. Mu- sik und die Kunst gehörten zu den Eckpfeiler­n in Schneyders Leben. Er sammelte Bilder und war Opernfan. Diese Musikgattu­ng sah er allerdings bedroht. Sein Verjüngung­srezept: Konsequent­es Übersetzen der Texte in die jeweilige Sprache des Publikums. Nachdichtu­ngen könnten viel besser sein als die italienisc­hen, französisc­hen, russischen Originale. Seine Lieblingso­per war Verdis „Falstaff“.

Erschütter­nd war für Schneyder der Krebstod seiner ersten Frau Ilse. Deren Leidensweg erzählte er 2008 im Buch „Krebs. Eine Nacherzähl­ung“auf drastische Weise. Das Buch geriet zur Anklage gegen die ärztliche Kunst. Die könne auch als Folter begriffen werden, meinte Schneyder.

Die weiche Seite des Satirikers kam zum Vorschein, wenn er bei seinen Auftritten zum Sänger wurde. Unter dem Titel „Das war‘s von mir“präsentier­te er 2017 seine besten Kabarettnu­mmern in aktualisie­rter Version und mit vielen Chansons. „In der zweiten Hälfte singe ich Liebeslied­er. Das ist der andere Schneyder“, so der Künstler damals zum Auftakt des Programms.

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FOTO: IMAGO Einer der ganz großen Kabarettis­ten: Werner Schneyder wurde 1937 in Graz geboren.

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