Rheinische Post Duisburg

Federer macht die 100 voll

Nach seinem Jubiläums-Turniersie­g erinnert sich der Schweizer Tennis-Star in Dubai daran, wie seine lange Reise einst anfing.

- VON ROBERT SEMMLER

DUBAI (dpa) Einst hatte Roger Federer Angst, er würde niemals in seinem Leben ein Tennis-Turnier gewinnen. Am Samstag betrachtet­e der 37-Jährige in Dubai milde lächelnd das silberne Segelschif­f, das der Schweizer als Trophäe für den 100. Turniersie­g in seiner grandiosen Karriere erhielt. Nach dem 6:4, 6:4-Erfolg über den griechisch­en Jungstar Stefano Tsitsipas offenbarte Federer, wie es ihm vor 19 Jahren nach der Niederlage in seinem ersten Finale gegen Landsmann Marc Rosset in Marseille ging. Damals plagten ihn Zweifel, ob er jemals einen Titel holen würde. „Ich habe mir die Augen ausgeheult. Marc sagte mir: ‚Mach dir keine Sorgen, du wirst einige gewinnen.‘ Ich dachte mir: ‚Du hast gut reden.‘

Als erst zweiter Spieler nach dem amerikanis­chen Rekordhalt­er Jimmy Connors, der 109 Einzeltite­l feiern konnte, erreichte Federer nun in seiner zeitweilig­en Wahlheimat die magische Marke. „Ich war ein bisschen einsam – gut, jetzt Gesellscha­ft zu haben“, witzelte der 66-jährige Connors bei Twitter. Auch Boris Becker gratuliert­e: „Als jemand, der aus dem gleichen Sport kommt, kann ich genau nachvollzi­ehen, was deine Erfolge und Meilenstei­ne bedeuten.“Becker gewann 49 Turniere. Die Nummer drei der Rangliste ist Ivan Lendl mit 94 Titeln, Federers Rivalen Rafael Nadal und Novak Djokovic sind mit 80 beziehungs­weise 73 noch ein gutes Stück entfernt.

Am 4. Februar 2001 gelang Federer in Mailand sein erster Turniersie­g – 6600 Tage vergingen bis zum Jubiläum am Persischen Golf, wie die Schweizer Zeitung „Blick“errechnete und dann in ihrer Würdigung davon erzählte, wie Federers Vater Robert nach der Sieg-Premiere die Scheibe seines Autos einschlage­n musste und dann mit dem Pokal nach Hause fuhr. Federer senior hatte den Autoschlüs­sel vor dem End- spiel versehentl­ich eingeschlo­ssen. Sein Sohn nahm danach das Flugzeug.

Der Baseler konnte sich am Samstag in Dubai noch genau daran erinnern, wie sehr er damals den Sieg wollte. „Ich war so erleichter­t, dass ich nicht der Typ bin, der endlos viel Talent hat, aber keinen Titel“, sagte der langjährig­e Tennis-Primus. Was in den 18 Jahren danach passierte, kann auch Federer selbst kaum glauben: 2003 schaffte er in Wimbledon seinen ersten Triumph bei einem Grand-Slam-Turnier, mit 20 Siegen ist er Rekordhalt­er bei den vier wichtigste­n Veranstalt­ungen. 45 Titel holte er „auf Hartplätze­n an der frischen Luft“, wie die „Neue Zürcher Zeitung“feststellt­e. Dazu kommen unter anderem der Davis-Cup-Sieg und Olympia-Gold 2008 im Doppel. 310 Wochen lang führte er die Weltrangli­ste an.

Stolz ist Federer auch darauf, dass er es geschafft hat, so lange so erfolgreic­h zu spielen. Schon frühzeitig entschied der vierfache Vater, sich auf die großen und ihm persönlich wichtigen Turniere zu konzentrie­ren und dazwischen genügend zu pausieren. Nach einer Kniever- letzung, die sich Federer zuzog, als er 2016 nach dem Aus bei den Australian Open ein Bad für seine Zwillingst­öchter vorbereite­te, meldete er sich 2017 mit dem Triumph in Melbourne groß zurück. Er spiele absolut schmerzfre­i, stellte Federer in Dubai zufrieden fest.

Dort will er auch im kommenden Jahr wieder antreten, und auch ein Olympia-Start in Tokio ist nicht ausgeschlo­ssen. „Spiele solange, wie du glücklich bist, gesund, inspiriert und siegreich“, empfahl Becker und prophezeit­e: „Viele Rekorde werden noch gebrochen...“

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FOTO: REU- TERS Damit es auchjeder mitbekommt: Roger Federer bei der Siegerehru­ng in Dubai.

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