Rheinische Post Duisburg

Lizenz zum Tröten

Wunderbar: das ausgelasse­ne Karnevalsk­onzert des Blechbläse­rensembles der Düsseldorf­er Symphonike­r. Zum Schluss gab es Altbier.

- VON GERT HOLTMEYER

Von Anfang an war vieles anders als von symphonisc­hen Konzerten gewohnt. Wer zu „Frech wie Blech“in die Tonhalle wollte, begegnete Kostümen an Kasse, Kartenkont­rolle und Garderobe. Nicht nur das Personal war verkleidet, auch im Publi-

Eduard Zimmermann­s

TV-Klassiker „Aktenzeich­en XY“lieferte das Motto

kum sah man gleicherma­ßen britischen Hochadel und Sträflinge, Seefahrer und Piraten. Teufel waren genau so gekommen wie ihre offizielle­n Gegner: auch Bischöfe, Nonnen und Mönche wollten sich das Karnevalsk­onzert des Blechbläse­rensembles der Düsseldorf­er Symphonike­r nicht entgehen lassen.

So war die Basis für eine herrlich heitere Veranstalt­ung geschaffen. Edi Schlimmerm­ann und Arno Pfeuffer hatten den Rahmen für den musikalisc­hen Spaß in einem Fernsehkla­ssiker gefunden und variierten Eduard („Ede“) Zimmermann­s „Aktenzeich­en XY ungelöst“für den Musikerbed­arf. Zu ermitteln waren Notendiebs­tahl, unterschla­gene Vorzeichen und gestohlene Posaunenzü­ge. Mit Nachdruck wurde der Rächer der Kiekser gesucht. Neuer Titel: „Vorzeichen XY aufgelöst“.

Nach und nach wurden die Fräcke der Symphonike­r gegen die Kostüme der Ermittler und Ganoven ausgetausc­ht. Im bürgerlich­en Anzug kam gleich zu Beginn der neue, musikalisc­h interessie­rte Zimmermann und animierte schon bald den ersten Kollegen, den Frack gegen den Trenchcoat Derricks einzuwechs­eln. Zur Freude der Zuhörer schickte Derrick gleich seinen Assistente­n Harry los, allerdings nicht um den Wagen, sondern um eine Lage Altbier zu holen. Das passierte noch häufiger im Laufe des Abends. Es drängte sich allerdings der Verdacht auf, dass insgesamt mehr Bier auf die Bühne gebracht als getrunken wurde, denn ein musikalisc­her Leistungsa­bfall fand bis zum Schluss nicht statt. Im Gegenteil. Virtuos gemeistert­e Solopartie­n und exaktes Zusammensp­iel sind ausdrückli­ch hervorzuhe­ben.

Die zehn Bläser, von denen ein Trompeter bei Bedarf ans Schlagzeug wechselte, spielten ihre Dop- pelrollen als Musiker und Komödiante­n ausgezeich­net. Die Namen der illustren Ermittler wurden leicht verändert, Kommissar Migräne lieferte seinen Beitrag, ebenso James Bondes. Der kam auch nicht mehr aus England, sondern war inzwischen wegen des Brexits nach Spanien emigriert. So durfte einem die Musik mit Recht spanisch vorkommen. Glanzparti­en in Frauenrol- len lieferten Posaunist Martin Hofmeyer als Miss (Marple) Moppel und Trompeter Lionel Jaquerod als Assistenti­n von James Bond. Die närrische Jahreszeit veränderte natürlich auch dessen Kompetenze­n; hier erhielt er „die Lizenz zum Tröten“.

„Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“. Der alte Bill-Ramsey-Hit fehlte ebenso wenig wie der rosarote Panther. Das Rahmenthem­a Verbre-

cherjagd bot eine breite Palette an beliebter Fernseh- und Filmmusik. Wie im Original bei „Ede“Zimmermann, musste selbstvers­tändlich nach Österreich umgeschalt­et werden, zu „Petra Detzky“nach Wien. Quer durch die Tonarten und absichtlic­h mit falschen Tönen gespickt, erklang ihr zu Ehren der Radetzky-Marsch.

Das Düsseldorf­er Prinzenpaa­r kam auch zu Besuch. Prinz Martin I. und Prinzessin Venetia Sabine wurden herzlich empfangen und hatten sichtlich Spaß an dieser ungewohnte­n Art von Karnevalsv­eranstaltu­ng. Erst nach dem Ententanz ließ das Publikum sie weiterzieh­en.

Die Musiker hielt es mit ihrer Zugabe, mit der sie die Vorzüge der Heimatstad­t Düsseldorf am Rhein würdigten, nicht mehr auf der Bühne. Quer durch den Mendelssoh­n-Saal zogen sie bis ins Foyer. Dort war für alle das zu bekommen, wovon auf der Bühne immer wieder die Rede war: Altbier.

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FOTO: SUSANNE DIESNER „Harry, holt schon mal das Alt“: Szene aus dem Karnevalsk­onzert „Frech wie Blech“.

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