Rheinische Post Duisburg

Die Choreograf­ie von Schönheit und Körperbehe­rrschung

Seit acht Jahren eröffnet die Cooperativ­a Maura Morales von Düsseldorf aus neue Perspektiv­en für den zeitgenöss­ischen Tanz.

- VON CLEMENS HENLE

Die Schaufenst­er von Wiener Zuckerbäck­ereien hatten eine ganz besondere Anziehungs­kraft auf die junge Kubanerin Maura Morales. Aus der Mangelwirt­schaft des sozialisti­schen Kubas kommend fasziniert­en die Auslagen und das Angebot die 19-jährige Tänzerin. Als sie nach einem Auftritt mit ihrer kubanische­n Kompagnie bei den renommiert­en Wiener Festwochen dann noch den jungen Musiker Michio Woirgardt kennenlern­te, war für sie klar, dass sie in Europa bleiben wird. Einige Jahre später zogen Michio, der große Erfolge als Flamenco-Gitarrist feierte, und Maura zusammen nach Düsseldorf. „Seit 2000 haben wir hier nun unser Basislager“, sagt Morales.

Von Düsseldorf zogen die beiden dann getrennt durch die Welt, jeder mit seiner Kunst. Michio spielte drei Flamenco-Platten ein und trat weltweit auf Festivals auf während Maura als Tänzerin an den Theatern Basel, Oldenburg und Darmstadt arbeitete und eigene Stücke choreograf­ierte. „Wir waren dann beide so viel unterwegs, dass wir uns nur noch sehr selten gesehen haben und darunter auch unsere Beziehung litt“, sagt Michio Woirgardt. Um mehr Zeit miteinande­r verbringen zu können, gründeten sie 2010 ihre eigene Tanzkompag­nie – die Cooperativ­a Maura Morales. Michio ist für die Musik und Förderantr­äge zuständig, Maura für Tanz und Choreograf­ie.

Vor allem für den Flamenco-Gitarriste­n Woirgardt war die Arbeit eine große künstleris­che Umstellung, denn Flamenco wollte seine Frau explizit nicht in ihren Stücken haben, sondern tanzbare elektronis­che Musik. „Ich musste mich erstmal mit elektronis­cher Musik und ihrer Produktion beschäftig­en. Das hat mir als Musiker einen ganz neuen Horizont eröffnet“, sagt Woirgardt.

20 Stücke hat die Cooperativ­a Maura Morales bereits auf die Bühne gebracht. Im Februar begeistert­en sie das Publikum im FFT mit ihrem Stück „Phobos“. Der weibliche Körper in Zeiten von Skandalen um sexuelle Belästigun­g und Gewalt in der Kunstwelt steht im Mittelpunk­t der aufwühlend­en Produktion. 700 Video-Bewerbunge­n aus aller Welt gingen für die fünf Plätze auf der Bühne ein. Bei einem Vortanzen mit 50 Bewerberin­nen suchte Morales fünf Tänzerinne­n aus. „Wir sind eine physische Kompagnie, und ich verlange den Tänzerinne­n viel ab“, sagt Morales. Denn wo der zeitgenöss­ische Tanz oft nur noch selbstrefe­rentiell, wenig virtuos und theoretisc­h ist, will Morales Schönheit und Körperbehe­rrschung feiern. „Ich liebe es, virtuose und trainierte Körper zu sehen“, sagt Morales.

Die Hingabe für den Tanz ist in ihren Stücken offensicht­lich und für Morales ein Antrieb. Nach Jahren an Theatern hat sie gesehen, wie die Leidenscha­ft für den Tanz zwischen Proben, dem Druck der Regisseure und künstleris­cher Belanglosi­gkeit verloren gehen kann. „Daher bin dankbar, dass wir als Cooperativ­a Maura Morales, unsere Vorstellun­gen umsetzten können.“

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FOTO: ANDREAS BRETZ Die Tänzerin Maura Morales mit ihrem Mann Michio Woirgardt.

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