Demenz-Café: Im Vergissmeinnicht blüht die Erinnerung auf
RHEINHAUSEN (jum) Es gibt Löcher im Kopf, die kann der Arzt nähen und nach ein paar Wochen ist alles wieder gut. Bei Margret, Anni, Brigitte, Ilse und Elfriede ist das nicht so einfach. Von außen ist bei den Damen nämlich rein gar nichts zu sehen. Mit bunten Hütchen auf dem Kopf und gezuckerten Berlinern vor der Nase sitzen sie am Tisch im Katholischen Bildungsforum an der Händelstraße und sehen gesund und munter aus.
Jeden Mittwoch gibt es hier Kaffeeklatsch mit Lücken: Wenn mal wieder ein Wort oder eine Erinnerung fehlt, dann wird das in dieser Runde völlig selbstverständlich und ohne Hemmung kundgetan. Das klingt dann auch schon mal so: „Oh Mann, ich glaube, ich hab Löcher im Kopf!“Trost gibt es von der Tischnachbarin: „Macht doch nix, ich auch!“Humor ist, wenn man trotzdem lacht.
Wäre doch mal jede Karnevalsveranstaltung so herzerfrischend munter wie dieser Nachmittag im Rheinhauser Demenz-Café Vergissmeinnicht. Wer braucht schon eine Büttenrede, wenn sich das Leben so bunt zu Wort meldet. Ilse reibt sich die Wangen „Ist das heute anstrengend hier, vom vielen Lachen tut mir das Gesicht schon weh.“Anni schüttelt sich noch immer über einen Witz, der Minuten vorher erzählt wurde. „Das ist das beste, was ich heute gehört habe.“So lustig war es, dass der 86-Jährigen der Karnevalshut vom Kopf gerutscht ist.
Eugenie Czarnecki, die Leiterin des Demenz-Cafés, klappt ihr Notizbuch mit den Witzen zu. Sie und ihre Mitstreiterinnen Petra van Geldern und Elisabeth Büschleb sind zufrieden. Die drei lassen sich für das Vergissmeinnicht-Projekt jede Woche ein besonderes Motto ein- fallen. Diesmal ging es um Karneval.
Die fünfte Jahreszeit ist ein wunderbares Thema, um die Erinnerung über Gefühle und Stimmungen wach zu kitzeln. Nach dem Schun- keln und Singen der altbekannten Lieder tauchen die bunten Bilder aus der Vergangenheit wieder auf und bringen Schwung in die grauen Zellen. „Früher hatten wir einen sehr schönen Karnevalszug bei uns“, schwärmt Ilse. Nicht alle sind so redselig wie die 81-Jährige, aber die ganze Frauenrunde profitiert davon, dass die Erinnerung im Vergissmeinnicht aufblüht.
Das wissen auch die Angehörigen zu schätzen, die die Damen auch an diesem Nachmittag zum Café gebracht haben und um 15 Uhr wieder abholen. „Darüber sind wir sehr froh“, sagt Eugenie Czarnecki, die das Rheinhauser Demenz-Café vor drei Jahren ins Leben gerufen hat. „Einen Fahrdienst könnten wir nicht anbieten.“Die drei Frauen stemmen das Vergissmeinnicht ein- mal pro Woche von 14 bis 17 Uhr ehrenamtlich. Nach dem Start mit Kaffee und Kuchen gibt es Unterhaltung mit Geschichten, Gesang oder Spielen. Das Katholische Bildungsforum stellt den Raum zur Verfügung. Die Teilnahme kostet 15 Euro, die mit der Pflegekasse abgerechnet werden können. Dafür haben die Angehörigen dann drei Stunden lang Zeit für sich und die Gewissheit, dass ihre Schützlinge in guter Gesellschaft sind.
Elfriede, die mit ihren 90 Jahren die älteste ist und auch schon am längsten dabei, hat nur ein Problem mit dem Vergissmeinnicht: Sie kann sich nicht merken, dass es das Angebot nur mittwochs gibt und sagt ihrer Tochter jeden Tag, dass sie ins Café möchte. Ein tolles Kompliment für das Team.