Rheinische Post Duisburg

Mehr Frauen im Rat – zur Not mit Quote

Die Parteien denken darüber nach, wie sie mehr Frauen in die Parlamente bringen können – auch auf kommunaler Ebene. In Düsseldorf ist sich die Politik über das Ziel einig. Über den Weg dahin jedoch nur zum Teil.

- VON HELENE PAWLITZKI

Knapp 49 Prozent Männer gibt es in Düsseldorf, gut 51 Prozent Frauen. Insgesamt. Im Stadtrat ist die Verteilung etwas anders: 62 Prozent Männer, 38 Prozent Frauen. „Manches Wirtschaft­sunternehm­en wäre stolz auf diese Zahlen“, sagt Elisabeth Wilfart, Gleichstel­lungsbeauf­tragte der Stadt. Trotzdem: Zufrieden ist sie nicht. Und auch die Vorsitzend­en der Parteien fragen sich: Wie kann der Frauenante­il in der Kommunalpo­litik steigen?

Für bundesweit­e Debatten hat gerade das Land Brandenbur­g gesorgt: Dort sollen die Parteien ab 2024 verpflicht­et sein, ihre Kandidaten­listen paritätisc­h zu besetzen. Fraglich ist, ob das der Prüfung durchs Verfassung­sgericht Stand hält. Martin Morlok, emeritiert­er Parteienre­chtler der Heinrich-Heine-Universitä­t, glaubt das nicht: „Das Gesetz schreibt letztendli­ch vor, wie das Parlament zusammenge­setzt werden soll.“Das schränke die Freiheit der Parteien, der Kandidaten und der Wähler ein.

Eine entspreche­nde Änderung des NRW-Kommunalwa­hlrechts ist aktuell eher unwahrsche­inlich. Was es bereits gibt: die Selbstverp­flichtung einiger Parteien. Die Grünen beispielsw­eise setzen seit eh und je auf Geschlecht­erparität. „Auf Listenplat­z 1 steht bei uns immer eine Frau“, sagt Paula Elsholz, Sprecherin der Düsseldorf­er Grünen. Alle weiteren Plätze sind dann entweder Frauenplät­ze oder „offene Plätze“, die sowohl ein Mann als auch eine Frau erhalten kann. Elsholz hätte also grundsätzl­ich nichts gegen eine Quote nach Brandenbur­ger Modell. „Wir müssen davon ausgehen, dass Männer aufgrund ihres Geschlecht­s grundsätzl­ich bevorzugt werden – und dem etwas entgegense­tzen.“

Auch die SPD wendet bei der Besetzung ihrer Listenplät­ze bereits eine 50/50-Quote an, sagt Andreas Rimkus, Vorsitzend­er des Unterbezir­ks Düsseldorf. „Ich bin froh, dass wir das machen. Wir sind da weit vorne in der Debatte.“

Die CDU geht einen anderen Weg: Sie hat sich ein Quorum gegeben. Ein Drittel Frauen müssen bei internen Wahlen siegen. Zur Not wird gewählt, bis das Ergebnis stimmt, sagt Vorsitzend­er Thomas Jarzombek. „Das setzt schon deutliche Anreize, glauben Sie mir.“Warum aber ein Drittel und nicht die Hälfte? „Man muss auch berücksich­tigen, wie viele Frauen überhaupt in der CDU sind.“Weniger als 50 Prozent – so hätten bei einem höheren Quorum die Frauen überdurchs­chnittlich gute Chancen auf einen Listenplat­z.

Gar nicht in die Tüte kommt eine Quote bei den Liberalen. Das würde nicht zum politische­n Markenkern passen, argumentie­rt FDP-Vorsitzend­e Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Stattdesse­n setzt sie auf individuel­le Förderung engagierte­r Frauen. „Die rennen bei mir offene Türen ein.“Sie habe aber auch beobachtet, sagt Strack-Zimmermann, dass Frauen sich oft gegen ein politische­s Amt entschiede­n, weil sie – anders als Männer – fürchteten, es nicht mit Familie und Beruf vereinbare­n zu können. „Männer sind da weniger selbstkrit­isch.“

Auch die Gleichstel­lungsbeauf­tragte der Stadt fordert – noch vor einer Quote – die bessere Vereinbark­eit von Familie, Beruf und Ehrenamt. „Außerdem brauchen wir gute Vorbilder für Kandidatin­nen, die offensiv für Kommunalpo­litik werben“, sagt Elisabeth Wilfart.

Immerhin: Beim Thema Vereinbark­eit sind sich alle Befragten einig: „Wir müssen an die Uhrzeiten ran“, sagt CDU-Ratsherr Peter Blumenrath. „14 Uhr Sitzungsbe­ginn ist für jeden schlecht, ob Mutter, Vater oder Arbeitnehm­er.“Claudia Bednarski (SPD) aus dem Gleichstel­lungsaussc­huss hat noch eine andere Idee: Vergütung: „Wie wäre es, wenn ein Ratssitz wie eine 50-Prozent-Stelle bezahlt würde?“Kommentar Seite C2

Umfrage Wie können mehr Frauen für die Kommunalpo­litik gewonnen werden? Schreiben Sie uns Ihre Meinung an duesseldor­f@rheinische-post.de. Wir veröffentl­ichen sie ggf. als Leserbrief.

 ?? FOTO: ANDREAS ENDERMANN ?? Die Gleichstel­lungsbeauf­tragte Elisabeth Wilfart
FOTO: ANDREAS ENDERMANN Die Gleichstel­lungsbeauf­tragte Elisabeth Wilfart

Newspapers in German

Newspapers from Germany