Rheinische Post Duisburg

Das Auto als rauchfreie Zone

Minderjähr­ige und Schwangere sollen nach dem Willen der NRW-Fraktionen im Auto nicht mehr Zigaretten­qualm ausgesetzt sein. Ein entspreche­ndes Rauchverbo­t soll die Regierung als Bundesrats­initiative auf den Weg bringen.

- VON PHILIPP JACOBS

DÜSSELDORF Man sieht sie mittlerwei­le selten, die rauchenden Mütter und Väter, die im Auto ihrem Nachwuchs den grauen Dunst ins Gesicht pusten. Doch jeder Fall ist einer zu viel, finden die Fraktionen im nordrhein-westfälisc­hen Landtag. Am Dienstag einigten sie sich deshalb auf einen gemeinsame­n Antrag, in dem die Landesregi­erung gebeten wird, „über den Bundesrat einen Gesetzentw­urf einzubring­en, der das Rauchen in Autos in Anwesenhei­t von Minderjähr­igen oder Schwangere­n verbietet und sanktionie­rt“. „Wir haben eine breite Unterstütz­ung für unseren Vorstoß. Ich gehe davon aus, dass die Landesregi­erung eine Bundesrats­initiative deshalb alsbald auf den Weg bringen wird“, sagte der familienpo­litische Sprecher der SPD, Dennis Maelzer. Er hatte im Mai 2018 erstmals die Initiative auf den Plan gerufen.

„Die Freiheit des Rauchens muss zugunsten der Gesundheit Dritter eingeschrä­nkt werden“, so Maelzer. Jedes Jahr sterben weltweit 166.000 Kinder an den Folgen des Passivrauc­hens. Für die Kleineren ist der Tabakqualm noch viel schlimmer als für Erwachsene. Kinder haben eine höhere Atemfreque­nz, zudem sind ihre Lungen sowie das körpereige­ne Entgiftung­ssystem noch nicht vollständi­g entwickelt. Studien zeigen, dass Minderjähr­ige, deren Eltern rauchen, beispielsw­eise häufiger an Tumoren oder Leukämie erkranken als jene Kinder, deren Eltern Nichtrauch­er sind. Gravierend können die Folgen des Passivrauc­hens für insbesonde­re Säuglinge sein. Im ersten Lebensjahr ist Passivrauc­hen einer der Hauptrisik­ofaktoren für einen plötzliche­n Kindstod.

„Gerade in geschlosse­nen Räumen sind Minderjähr­ige dem Passivrauc­hen verstärkt ausgesetzt“, heißt es im fraktionsü­bergreifen­den Antrag. Dies gelte vor allem in Fahrzeugka­binen. Nach Messungen des Deutschen Krebsforsc­hungszentr­ums liegt die Schadstoff­konzentrat­ion in einem verrauchte­n Auto fünfmal so hoch wie in einer durchschni­ttlich verrauchte­n Bar.

„Eltern sollten im Sinne ihrer Kinder auf jeden Fall auf das Rauchen im Auto verzichten“, sagte NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU): „Oder um es anders auszudrück­en: Eltern, die in der Gegenwart ihrer Kinder im Auto rauchen, handeln verantwort­ungslos. Ich halte daher den Antrag, den wir kommende Woche im Plenum beraten werden, für gut und richtig.“

Im Oktober vergangene­n Jahres sprach sich auch die Gesundheit­sministerk­onferenz für ein bundesweit­es Rauchverbo­t in Autos mit Kindern und Schwangere­n aus – ebenso die Drogenbeau­ftragte der Bundesregi­erung, Marlene Mortler. Die Bevölkerun­g hat mehrheitli­ch denselben Wunsch. Der „Deutschen Befragung zum Rauchverha­lten“(DEBRA-Studie) zufolge waren im Jahr 2017 rund 71 Prozent der Befragten für ein Rauchverbo­t in Autos, wenn Kinder und Jugendlich­e mitfahren. Unter den Rauchern lag die Zustimmung bei 67 Prozent.

Der Antrag der NRW-Fraktionen liegt dem Landtag nun für seine Plenarsitz­ung kommende Woche vor. Entscheide­t sich die Regierung für eine Bundesrats­initiative, würde vermutlich das Gesundheit­sministeri­um mit der Erstellung eines Gesetzentw­urfes beauftragt werden. Stimmt der Bundesrat diesem dann zu, müsste das Gesetz noch im Bundestag beschlosse­n werden. Dessen wissenscha­ftlicher Dienst hält ein solches Rauchverbo­t für verfassung­skonform. Zu diesem Ergebnis kamen jüngst auch die Sachverstä­ndigen in einer Anhörung im NRW-Landtag.

Inwieweit das Gesetz letzten Endes umgesetzt wird, ist noch nicht geklärt. Eine ständige Kontrolle, ob in Fahrzeugen, in denen Kinder mitfahren, geraucht wird, ist nicht möglich. Ähnlich wie beim Mobiltelef­onverbot oder bei Geschwindi­gkeitsüber­schreitung­en wird es auch beim Rauchverbo­t so sein, dass die Person „auf frischer Tat“ertappt werden muss – zum Beispiel durch eine allgemeine Verkehrsko­ntrolle. „Aber gesonderte Einsätze oder gar Verfolgung­sjagden auf Autobahnen, wie die CDU zunächst befürchtet­e, wird es nicht geben“, sagte SPDMann Dennis Maelzer.

In einigen anderen Ländern sind derartige Rauchverbo­te schon im Gesetz verankert, so zum Beispiel in Großbritan­nien, Italien, Griechenla­nd, Frankreich, Zypern, Südafrika, Australien und seit Kurzem auch in Österreich. In den USA und in Kanada bestehen in weiten Teilen solche Verbote.

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FOTO: ULLSTEIN BILD Damit könnte bald Schluss sein:Erwachsene sollen im Beisein von Kindern nicht mehr im Auto rauchen dürfen.

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