Rheinische Post Duisburg

Börsenabst­urz eines Biotech-Konzerns

Die Aktionärss­chützerver­einigung DSW hat die größten Kapitalver­nichter des vergangene­n Jahres ermittelt. Nummer eins: die Berliner Biotech-Firma Mologen, bei der die Aktionäre seit zwei Jahrzehnte­n auf den Durchbruch warten.

- VON GEORG WINTERS Mologen Steinhoff Gerry Weber Singulus Tom Tailor Euromicron Bastei Lübbe ElringKlin­ger Ceconomy Deutsche Bank 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre

FRANKFURT Scheinbare Erfolgsmel­dungen, die sich als falsches Signal erweisen, sind Gift für den Börsenkurs eines Unternehme­ns. Wenn dann noch ein Machtkampf unter den Eigentümer­n tobt und mehrere Kapitalerh­öhungen notwendig sind, damit das Unternehme­n eine vernünftig­e Finanzieru­ngsbasis bekommt, ist der Weg fast schon bereitet für einen Aktienabst­urz. So wie bei der Berliner Biotechnol­ogiefirma Mologen. Das Unternehme­n ist der größte Kapitalver­nichter im jährlichen Ranking der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz ( DSW). Zwischen Anfang 2014 und Ende 2018 ist der Börsenwert um fast 97 Prozent eingebroch­en, das Minus für das vergangene Kalenderja­hr beträgt laut DSW auch noch mehr als 85 Prozent.

Die am Mittwoch von den Aktionärss­chützern verkündete­n Zahlen und die Ankündigun­g der nächsten Kapitalerh­öhung haben den Kurs gleich nochmal um 16 Prozent abschmiere­n lassen, nachdem sich die Aktie seit dem Tiefpunkt als Pennystock (weniger als einen Euro wert) im Sommer 2018 doch deutlich erholt hatte. Das Vertrauen in Mologen ist nachhaltig erschütter­t. „Wer so hohe Verluste eingefahre­n hat, bei dem ist die Wahrschein­lichkeit sehr gering, dass er noch mal auf einen grünen Zweig kommt“, sagte DSW-Hauptgesch­äftsführer Marc Tüngler.

Schuld an dem enormen Vertrauens­verlust sind unter anderem Großinvest­oren, die sich einen Kleinkrieg um die Macht im Unternehme­n liefern. Jüngstes Beispiel: die Absage der durch den Großaktion­är Deutsche Balaton (sieben Prozent der Anteile) beantragte­n außerorden­tlichen Hauptversa­mmlung, die am Veto des Großaktion­ärs GDT scheiterte. Dahinter verbirgt sich ein Derivatehä­ndler, dessen Spitzenman­n früher mal Sex-Sei- ten im Internet betrieben haben soll. Überhaupt besticht Mologen durch schillernd­e Werbefigur­en und Ex-Aktionäre:– unter anderem Florian Homm, Börsenspek­ulant und Hedgefonds­manager, der schon vom FBI gejagt wurde, und Markus Frick, gelernter Bäcker und in den vergangene­n Jahren mehrfach wegen Kursmanipu­lation verurteilt.

Das große Problem, das Analysten bei Mologen sehen: Das Unternehme­n führe die Akteure am Kapitalmar­kt seit zwei Jahrzehnte­n in die Irre, ohne jemals nachweisba­re Erfolge geliefert zu haben. Zuletzt

Für die DSW-Watchlist werden die Kursentwic­klungen von Unternehme­n in drei Zeiträumen ausgewerte­t und gewichtet zusammenge­fasst (je länger der Zeitraum, desto höher das Gewicht). verwies Mologen auf Fortschrit­te in der Erforschun­g neuer Immunthera­pien gegen Darmkrebs. Im Mittelpunk­t steht das Therapeuti­kum Lefitolimo­d. Das werde derzeit in einer Phase III-Studie getestet; mit ersten Ergebnisse­n sei in der zweiten Jahreshälf­te zu rechnen, ließ Mologen jüngst wissen. Da erinnern sich einige Anteilseig­ner daran, dass vor mehr als eineinhalb Jahren schon mal die Kurse abstürzten, nachdem der Pharmakonz­ern enttäusche­nde Ergebnisse einer Studie zu Lefitolimo­d hatte einräumen müssen.

Jedenfalls gehört Mologen zu denen, die den Ruf von Biotechnol­ogie an der Börse beschädigt haben. Immerhin steuert das Unternehme­n langsam auf die Gewinnzone zu: Der Betriebsve­rlust (Ebit) verringert­e sich in den ersten neun Monaten des vergangene­n Jahres von etwa 14,5 Millionen auf rund 8,8 Millionen Euro. Doch das lässt die Anteilseig­ner noch lange nicht ruhige schlafen.

Das Ranking 2019:

Kursentwic­klung (in Prozent)

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