Börsenabsturz eines Biotech-Konzerns
Die Aktionärsschützervereinigung DSW hat die größten Kapitalvernichter des vergangenen Jahres ermittelt. Nummer eins: die Berliner Biotech-Firma Mologen, bei der die Aktionäre seit zwei Jahrzehnten auf den Durchbruch warten.
FRANKFURT Scheinbare Erfolgsmeldungen, die sich als falsches Signal erweisen, sind Gift für den Börsenkurs eines Unternehmens. Wenn dann noch ein Machtkampf unter den Eigentümern tobt und mehrere Kapitalerhöhungen notwendig sind, damit das Unternehmen eine vernünftige Finanzierungsbasis bekommt, ist der Weg fast schon bereitet für einen Aktienabsturz. So wie bei der Berliner Biotechnologiefirma Mologen. Das Unternehmen ist der größte Kapitalvernichter im jährlichen Ranking der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz ( DSW). Zwischen Anfang 2014 und Ende 2018 ist der Börsenwert um fast 97 Prozent eingebrochen, das Minus für das vergangene Kalenderjahr beträgt laut DSW auch noch mehr als 85 Prozent.
Die am Mittwoch von den Aktionärsschützern verkündeten Zahlen und die Ankündigung der nächsten Kapitalerhöhung haben den Kurs gleich nochmal um 16 Prozent abschmieren lassen, nachdem sich die Aktie seit dem Tiefpunkt als Pennystock (weniger als einen Euro wert) im Sommer 2018 doch deutlich erholt hatte. Das Vertrauen in Mologen ist nachhaltig erschüttert. „Wer so hohe Verluste eingefahren hat, bei dem ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass er noch mal auf einen grünen Zweig kommt“, sagte DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler.
Schuld an dem enormen Vertrauensverlust sind unter anderem Großinvestoren, die sich einen Kleinkrieg um die Macht im Unternehmen liefern. Jüngstes Beispiel: die Absage der durch den Großaktionär Deutsche Balaton (sieben Prozent der Anteile) beantragten außerordentlichen Hauptversammlung, die am Veto des Großaktionärs GDT scheiterte. Dahinter verbirgt sich ein Derivatehändler, dessen Spitzenmann früher mal Sex-Sei- ten im Internet betrieben haben soll. Überhaupt besticht Mologen durch schillernde Werbefiguren und Ex-Aktionäre:– unter anderem Florian Homm, Börsenspekulant und Hedgefondsmanager, der schon vom FBI gejagt wurde, und Markus Frick, gelernter Bäcker und in den vergangenen Jahren mehrfach wegen Kursmanipulation verurteilt.
Das große Problem, das Analysten bei Mologen sehen: Das Unternehmen führe die Akteure am Kapitalmarkt seit zwei Jahrzehnten in die Irre, ohne jemals nachweisbare Erfolge geliefert zu haben. Zuletzt
Für die DSW-Watchlist werden die Kursentwicklungen von Unternehmen in drei Zeiträumen ausgewertet und gewichtet zusammengefasst (je länger der Zeitraum, desto höher das Gewicht). verwies Mologen auf Fortschritte in der Erforschung neuer Immuntherapien gegen Darmkrebs. Im Mittelpunkt steht das Therapeutikum Lefitolimod. Das werde derzeit in einer Phase III-Studie getestet; mit ersten Ergebnissen sei in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen, ließ Mologen jüngst wissen. Da erinnern sich einige Anteilseigner daran, dass vor mehr als eineinhalb Jahren schon mal die Kurse abstürzten, nachdem der Pharmakonzern enttäuschende Ergebnisse einer Studie zu Lefitolimod hatte einräumen müssen.
Jedenfalls gehört Mologen zu denen, die den Ruf von Biotechnologie an der Börse beschädigt haben. Immerhin steuert das Unternehmen langsam auf die Gewinnzone zu: Der Betriebsverlust (Ebit) verringerte sich in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres von etwa 14,5 Millionen auf rund 8,8 Millionen Euro. Doch das lässt die Anteilseigner noch lange nicht ruhige schlafen.
Das Ranking 2019:
Kursentwicklung (in Prozent)