US-Börsenaufsicht verklagt Volkswagen
Mehr als 23 Milliarden US-Dollar hat der Volkswagen-Konzern im Abgasskandal bislang gezahlt, um Rechtsstreitigkeiten in den Vereinigten Staaten aus dem Weg zu räumen. Doch nun droht VW und Ex-Chef Winterkorn neuer Ärger.
WASHINGTON (dpa) Die US-Börsenaufsicht SEC hat Volkswagen und den ehemaligen Konzernchef Martin Winterkorn im Dieselskandal wegen angeblicher Verstöße gegen amerikanische Wertpapiergesetze verklagt. Tochterfirmen von VW sollen bei der Ausgabe von Anleihen und anderen besicherten Wertpapieren gegen Informationsvorschriften verstoßen haben. VW kündigte am Freitag jedoch an, sich mit „Nachdruck“zur Wehr zu setzen. Die Klage weise „erhebliche juristische und inhaltliche Mängel auf“. Die Vorwürfe der Behörde stehen im Zusammenhang mit der im September 2015 in den USA aufgeflogenen Software-Manipulation von Abgastests.
Die SEC erhebt indes heftige Anschuldigungen. Volkswagen habe ein über zehn Jahre andauerndes Abgas-Komplott betrieben und währenddessen Anleihen in Milliardenwert zu überhöhten Preisen an Investoren verkauft, sagte Ste- phanie Avakian, die Co-Direktorin der Börsenaufsicht. Der Klageschrift zufolge geht es um Wertpapieremissionen, mit denen zwischen April 2014 und Mai 2015 über 13 Milliarden Dollar am US-Kapitalmarkt eingesammelt wurden. Dem damaligen Top-Management um Winterkorn wirft die SEC vor, gewusst zu haben, dass während dieser Zeit schwere Verstöße gegen Umweltgesetze begangen worden. Deshalb seien Anleger getäuscht worden.
Ein VW-Sprecher verwies darauf, dass die Klage der SEC sich auf Wertpapiere beziehe, die ausschließlich an erfahrene, institutionelle Profi-Investoren ausgegeben wurden. „Diese Großanleger wurden in keiner Weise geschädigt und haben alle Zahlungen von Kapital- und Zinsbeträgen vollständig und fristgerecht erhalten.“Zu den Vorwürfen gegen Winterkorn sagte der Sprecher, hier wiederhole die SEC lediglich unbewiesene Anschuldigungen gegen den damaligen Vorstandsvor- sitzenden der Volkswagen AG, der in die Verkäufe der Anleihen in keiner Weise involviert gewesen sei. Winterkorn war zurückgetreten, kurz nachdem der Skandal aufgedeckt worden war, hat aber stets abgestritten, über die Manipulationen Bescheid gewusst zu haben.
„Volkswagen hat bereits vor über zwei Jahren milliardenschwere Vergleichsabkommen mit dem US-Justizministerium, fast allen US-Bundesstaaten sowie beinahe 600.000 Verbrauchern in den USA geschlossen“, sagte ein VW-Sprecher. „Bedauerlicherweise versucht die SEC, nun noch einmal draufzusatteln.“VW hatte mehr als 23 Milliarden US-Dollar gezahlt, um die Rechtsstreitigkeiten aus demWeg zu räumen. Ein wesentlicher Teil davon entfiel auf einen Vergleich mit dem Justizministerium, zu dem auch ein Schuldeingeständnis des Konzerns zählte, gegen US-Gesetze verstoßen zu haben.
Volkswagen sieht sich – neben Klagen von Autokäufern – einer Reihe von Anlegerklagen gegenüber, vor allem im Kapitalanlegermusterverfahren von Aktionären vor dem Oberlandesgericht Braunschweig. Zuletzt bezifferte VW die Risiken aus solchen anhängigen Anlegerklagen weltweit im Geschäftsbericht auf rund 9,6 Milliarden Euro. Volkswagen hat immer wieder bestritten, gegen Informationspflichten verstoßen zu haben.
Gleichzeitig schwächeln auch die Auto-Verkäufe. Im Februar hat der Volkswagen-Konzern vor allem wegen der Marktschwäche in China weniger Fahrzeuge ausgeliefert. Im Februar gingen die Auslieferungen an Kunden verglichen mit dem Vorjahresmonat um 1,8 Prozent auf 724.400 Fahrzeuge zurück, wie der Konzern am Freitag mitteilte. Besonders der Verkauf in China erhielt mit minus 7,4 Prozent einen Dämpfer. Das Land ist der wichtigste Einzelmarkt des Konzerns, hier verkauft VW fast 40 Prozent seiner Autos und Nutzfahrzeuge.