Liebe in Zeiten des Online-Datings
Bei einem Vortrag in der Altstadt erklärte ein Paartherapeut, wie die Partnersuche im Netz funktioniert.
Gebannt starren die elf Zuhörer auf Eric Hegmann. Er lächelt. Sie schauen ernst. Doch er lässt sich nicht beirren. „Die Hälfte der Menschen ist beziehungssicher“, sagt er, „die andere Hälfte in Online-Dating-Apps unterwegs.“
Das sind nicht gerade rosige Aussichten für die Online-Partnersuche. „Liebe im Netz – Erwartungen, Chance, Fallstricke“heißt der Vortrag von Paarberater Hegmann. Im Laufe des Abends wird sich klären, welche Gefahren Katzen auf Profilfotos bergen, warum Lachen helfen kann und vor allem, wie die Geheimformel für ein erfolgreiches Online-Dating lautet.
„Der Druck bei der Partnerwahl ist so hoch wie nie und fördert Bindungs- und Verlustängste“, erklärt Hegmann den acht Frauen und drei Männern, die der Einladung zu dem offenen Vortrag im Lambertussaal in der Altstadt gefolgt sind. Angst vor zu viel Bindung auf der einen, Angst vorm Loslassen auf der anderen Seite: „Online treffen sich vor allem diese beiden entgegengesetzten Pole“, sagt Hegmann. Ausgeglichene Menschen seien eben oft in Beziehungen und müssten nicht online suchen.
Bindungs- und Verlustängste seien Schutzstrategien, die auf ein verletztes Selbstwertgefühl folgten, sagt Hegmann. Ernstes Nicken im Zuschauerraum. Zum Lachen ist hier keinem zumute. Manche haben vermutlich selbst schon Schwierigkeiten bei der Partnerwahl erlebt, andere mögen es von Freunden gehört haben. Nur Hegmann lächelt weiter freundlich hinter seinem Pult. „Anbieter von Online-Dating vermitteln die Sicherheit, dass der Partner perfekt passt“, sagt er. „Letztendlich ist Online-Dating aber auch nur Partnersuche, wie sie auch offline passiert. Das Medium ist am Ende des Tages gleichgültig.“Einige Zuhörer sind inzwischen dazu übergegangen, Hegmanns Vortrag mitzu- schreiben. „Aber online haben wir die Chance, Menschen zu begegnen, die wir offline nie getroffen hätten.“Zudem sei die erste Kontaktaufnahme online für viele Menschen einfacher. Erst recht auf extra dafür eingerichteten Dating-Websites.
„Wenn wir im Fitnessstudio jemanden sehen, können wir ihn oder sie erstmal auf Instagram auschecken und dann einfach anschreiben“, erklärt er. Nun lächeln auch einige im Publikum. „Was wir auf den Pärchen-Fotos vom Taj Mahal auf Instagram oder Facebook nicht sehen, ist, dass sich das Pärchen vorher über den Weg und nachher über die Bildauswahl gestritten hat.“Nun lacht das ganze Publikum. Die Männer wirken deutlich weniger verkrampft als vorher. Die Frauen fangen an, sich mit ihren Nachbarinnen zu unterhalten. Eine Dame mit kurzen Haaren hat eine Frage: „Ist Humor auch wichtig beim Dating?“Ja, sagt Hegmann: Humor sei sehr wichtig und zeige, dass man die gleichen Werte hat.
Auch der Atmosphäre im Raum hat das Lachen geholfen. Die ernsten Mienen sind verschwunden, die Spannung hat sich gelöst. Viele Zu- hörer stellen nun ihre Fragen. „Gibt es eigentlich Online-Seitensprünge, die einer Beziehung helfen?“, fragt eine Frau. „Auch wenn viele Beziehungen unter langweiliger Routi- ne leiden, kann das komplett in die Hose gehen“, warnt Hegmann. Seine Erfahrung ist: „Auch Sexspielzeuge helfen da nicht. Retten kann einen nur das gemeinsame Verständnis für Veränderungen.“
Einer der Männer traut sich nun ebenfalls, eine Frage in die Runde zu schmeißen: „Wie muss denn mein Profil aussehen?“Was Menschen beim Flirten näherbringe, sei das Lächeln, so Hegmann. Ohne Lächeln auf Bildern sei man chancenlos. „Genauso wie bei zu vielen Katzen auf dem Profilbild. Potenzielle Partner wollen den Eindruck, dass im Leben des Anderen noch Platz ist.“Das beginne schon beim Profilfoto in der App. Es brauche außerdem Mut, Vertrauen Optimismus. Der Paarberater erklärt: „Pessimisten küsst man nicht“, und hat wieder alle Lacher auf seiner Seite. „Egal was, man sollte sich nie runterziehen lassen“, erklärt Hegmann. Er lächelt wieder. Nun lächelt das Publikum zurück.