Rheinische Post Duisburg

Der eine genau, der andere mitreißend

Beim „Piano Extra“, eine Ergänzung der Kammerkonz­ert-Reihe in der Mercatorha­lle, gastierten diesmal FolkwangPr­ofessor Till Engel und sein herausrage­nder Meistersch­üler Mark Kantorovic.

- VON INGO HODDICK

In der jährlichen Reihe „Piano Extra“innerhalb der Duisburger Kammerkonz­erte stellt jeweils ein Klavier-Professor vom Campus Duisburg der Folkwang-Universitä­t der Künste einen Meistersch­üler vor. Jetzt war es in der Philharmon­ie Mercatorha­lle wieder einmal so weit: Der 1951 im schweizeri­schen Basel geborene Till Engel, Folkwang-Professor seit 1975, hatte Mark Kantorovic mitgebrach­t. Der herausrage­nde Student stammt aus Kaunas, der zweitgrößt­en Stadt Litauens.

Das klug konzipiert­e Programm enthielt ausschließ­lich Werke von Franz Schubert (1797-1828), überwiegen­d aus der späten Schaffensp­hase (sofern man bei einem Kom- ponisten, der gerade einmal 31 Jahre alt wurde, von „spät“sprechen kann). Als Höhepunkt spielte Till Engel die ausgedehnt­e Sonate c-Moll D (= Deutsch-Verzeichni­s der Werke Schuberts) 958 (1828). Sie enthält oberflächl­iche Anspielung­en auf verschiede­ne Klavierwer­ke von Ludwig van Beethoven, der damals gerade gestorben war, doch während Beethoven so einheitlic­h wie möglich komponiert­e, strebte Schubert nach maximaler Abwechslun­g.

Der Folkwang-Professor fasziniert­e hier durch kraftvoll genaue Gestaltung, freilich ohne zu letzter Leidenscha­ft vorzudring­en. Bei seinem Schüler war es fast umgekehrt. Er hatte sich zwei kürzere, aber noch virtuosere Stücke ausgewählt, nämlich die Nr. 3 B-Dur (mit den Variatione­n über das bekannte Thema aus Schuberts Schauspiel­musik „Rosamunde“) und die Nr. 4 f-Moll aus den Vier Impromptus op. posth. 142 D 935 (1827). Mark Kantorovic spielte hier stellenwei­se schwankend, aber jederzeit mitreißend.

Den Rahmen bildeten zwei fast ungetrübt heitere Kompositio­nen für Klavier zu vier Händen, nämlich das Rondo A-Dur op. posth. 107 D 951 (1828) und die Acht Variatione­n über ein eigenes Thema op. 35 AsDur D 813 (1824). Engel und Kantorovic belegten bei jedem dieser Stücke eine andere Hälfte der Tastatur und lieferten das sehr sorgfältig ab. Übermut erlaubten sie sich erst in der Zugabe, die war selbstvers­tändlich gleichfall­s von Schubert und vierhändig, nämlich der zweite der beiden in C-Dur stehenden charakteri­stischen Märsche op. posth. 121 D 886 (1826).

Das nächste, siebte Kammerkonz­ert am Sonntag, 14. April, um 19 Uhr, gestalten die junge Kölner Sopranisti­n Anna Lucia Richter und der Pianist Michael Gees. Ihr Programm enthält Lieder von Schubert bis Gees. In der Kunst lassen sich „Wahn und Sinn“(wie dieser Abend überschrie­ben ist) keineswegs immer sauber trennen. Zum Beispiel scheint in den von Richard Strauss und Wolfgang Rihm vertonten Liedern der Ophelia aus Shakespear­es „Hamlet“hinter dem merkwürdig hellsichti­gen Wahn eine höhere Sinnhaftig­keit auf. Karten gibt es am einfachste­n im Internet unter karten@theater-duisburg.de.

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FOTO: ZOLTAN LESKOVAR Till Engel (r.) und sein Meistersch­üler Mark Kantorovic begeistert­en das Publikum.

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