Rheinische Post Duisburg

Mit 16 alt genug zum Wählen

Gegen die Älteren hat die Jugend im politische­n Prozess sonst keine Chance.

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Die Jugend achtet das Alter nicht mehr, zeigt bewusst ein ungepflegt­es Aussehen, sinnt auf Umsturz, zeigt keine Lernbereit­schaft und ist ablehnend gegen übernommen­e Werte. Das ist kein Zitat eines Politikers zu den Schüler-Demonstrat­ionen „Fridays for Future“. Dieser Satz steht auf einer Tontafel der Sumerer und ist 5000 Jahre alt – die Klagen der Älteren über die junge Generation sind so alt wie die Zivilisati­on selbst.

Erstaunlic­her als die Kritik an den Klima-Demonstran­ten ist also vielmehr, dass viele Vertreter der älteren Generation die Jugend in ihren Protesten bestärken. Dabei mag ein schlech- tes Gewissen mitschwing­en: In der Tat müssen sich die 40- bis 60-Jährigen, die heute die Machtposit­ionen besetzen, vorwerfen lassen, zu wenig gegen die Erderwärmu­ng unternomme­n zu haben.

Doch der Elan der Protestler könnte schnell wieder erlahmen, wenn sie realisiere­n, wie wenig sie als Minderjähr­ige im demokratis­chen Prozess mitbestimm­en und gegen die Übermacht der Alten ausrichten können. Im NRW-Landtag etwa liegt der Altersdurc­hschnitt bei 48 Jahren. Nur sechs der 199 Mitglieder sind unter 30. Aber 90 Abgeordnet­e sind älter als 51. Zwar ist die Sensibilit­ät für den Klimawande­l nicht nur eine Altersfrag­e. Aber es ist eine Frage, die junge Menschen eben weitaus stärker betrifft. Schade, dass sie da nicht mehr mitzureden haben.

Die Proteste sind daher ein guter Anlass, noch einmal über das Wahlalter ab 16 nachzudenk­en. In NRW gilt das bisher nur bei Kommunalwa­hlen. Länder wie Bremen und Brandenbur­g gestehen Minderjähr­igen in Deutschlan­d hingegen das Recht zu, auch den Landtag mitzuwähle­n. Die Jungen werden mit dem Wahlrecht sicher mindestens so verantwort­ungsvoll umgehen wie die ältere Generation.

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