Rheinische Post Duisburg

Der Kleinste prescht bei 5G-Auktion vor

Ausgerechn­et 1&1 Drillisch bietet am meisten Geld, um ins Geschäft mit den mobilen Echtzeitne­tzen einzusteig­en. Die SPD fordert derweil härtere Auf lagen. Eine Behörde will die Strahlenbe­lastung prüfen.

- VON JAN DREBES UND REINHARD KOWALEWSKY

MAINZ Mit einem Paukenschl­ag hat am Dienstag die Versteiger­ung der Frequenzen für das künftige 5G-Netz begonnen. Der kleinste Anbieter, 1&1 Drillisch, ein Ableger des Konzerns United Internet (UI), hat mit einem Gesamtvolu­men von 157 Millionen Euro die aggressivs­ten Angebote eingereich­t. Die anderen Bieter, Telekom, Vodafone Deutschlan­d und Telefónica Deutschlan­d, boten in der Summe genauso viel. Insgesamt kamen Gebote von 314 Millionen Euro für die 41 Frequenzpa­kete herein. „So will 1&1 Drillisch demonstrie­ren, dass sie sich nicht abdrängen lassen wollen“, sagt Torsten Gerpott, Wirtschaft­sprofessor aus Duisburg. Dabei rechnen Gerpott und die meisten Experten damit, dass die Versteiger­ung sich über mehrere Wochen hinziehen wird, nachdem frühere Auktionen bis zu sechs Wochen dauerten.

Denn die Versteiger­ung ist erst zu Ende, wenn für jedes der 41 angebotene­n Frequenzpa­kekte kein neues Gebot mehr eingeht. Bis dahin kann jedes der vier zur Auktion zugelassen­en Unternehme­n für jeden der angebotene­n 41 Blöcke neu bieten, wodurch das Ergebnis der Auktion schwer zu prognostiz­ieren ist. Einnahmen in Höhe von bis zu fünf Milliarden Euro werden als denkbar gehalten. Allein 1&1 Drillisch hat sich einen Kredtit in Höhe von 2,8 Milliarden Euro sichern lassen.

Hauptfrage ist, ob die etablierte­n Netzbetrei­ber Telekom, Vodafone und Telefónica die Preise so stark hochtreibe­n werden, bis am Ende der Newcomer aufgibt. So könnten sie verhindern, dass 1&1 Drillisch künftig mit Kampfpreis­en in den Städten den Markt aufrollt und gleichzeit­ig darauf vertraut, auf dem Land die Netze der drei Großkonzer­ne nutzen zu dürfen.

Gerpott hält es allerdings für möglich, dass Telefónica bei einer sol- chen Verdrängun­gstaktik ausschert. „1&1 Drillisch nutzt das Netz von Telefónica schon jetzt. Da könnte die Firma künftig bei 5G auch auf ein Joint-Venture mit Telefónica setzen“, sagt der Experte.

Für die Zukunft Deutschlan­ds hat die Auktion eine hohe Bedeutung. 5G wird Daten per Funk praktisch in Echtzeit übertragen und ermöglicht so beispielsw­eise, Fabriken viel mehr als bisher zu automatisi­eren. Auch für das autonome Fahren ist das neue Netz wichtig. Außerdem hilft 5G, viel mehr Daten als bisher zu transporti­eren.

Dabei zeichnet sich allerdings ab, dass es wegen der neuen Infrastruk­tur eine Debatte um eine möglicherw­eise zu hohe Strahlenbe­lastung ge- ben könnte. Weitere Forschunge­n über die gesundheit­lichen Folgen elektromag­netischer Strahlung seien nötig, erklärte zum Auktionsst­art Inge Paulini, Präsidenti­n des Bundesamte­s für Strahlensc­hutz: „Diese müssen untersucht werden.“

Bislang zeichnet sich allerdings noch keine breite Volksbeweg­ung gegen 5G ab. So drängen selbst die Grünen auf Bundeseben­e und in NRW darauf, dass das neue Netz möglichst breit und schnell gestartet wird. „Niemand will zurück in eine Zeit ohne Smartphone­s“, sagt Matthi Bolte, digitalpol­itischer Sprecher der Grünen im NRW-Landtag. „Ich sehe 5G als wichtige Zukunftste­chnik.“Dies sieht auch Margit Stumpp so, Bundestags­abgeordne- te der Ökopartei und Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technologi­efolgenabs­chätzung. Sie empfiehlt, die Folgen von 5G genau zu prüfen, sieht aber auch mögliche Vorteile: „Es gibt Hinweise, dass 5G weniger Strahlenbe­lastung mit sich bringt als die bisherigen UMTS-Netze.“

Dabei wird die Bevölkerun­g von der neuen 5G-Auktion vorrangig profitiere­n, weil die drei nationalen Netzbetrei­ber künftig höhere Versorgung­sauflagen erfüllen müssen. Bis Ende 2022 müssen sie 98 Prozent der Bevölkerun­g per Mobilfunk mit 100 Megabit/Sekunde versorgen – was auf einen Ausbau aktueller LTE-Netze hinausläuf­t.

Damit die Auflagen auch wirklich erfüllt werden, fordert die SPD-Bundestags­fraktion „ein wirksames Kontroll- und Sanktionss­ystem der Bundesnetz­agentur gegenüber den Telekommun­ikationsun­ternehmen“. Es solle möglich sein, Bußgelder so zu verhängen, wie es das Bundeskart­ellamt darf. Daneben setzt die SPD auf das Instrument des Infrastruk­tur-Teilens. Das betrifft Regionen, wo nur ein oder zwei Mobilfunku­nternehmen ihre Masten aufgestell­t haben, Kunden anderer Anbieter aber weiter schlechten Empfang haben. Dort will die SPD die Betreiber per Gesetz zwingen, ihre Masten auch für Antennen anderer Anbieter zur Verfügung zu stellen. Davon dürften aber nur Firmen profitiere­n, die eigene Ausbauanst­rengungen nachweisen können, man wolle keine Trittbrett­fahrer unterstütz­en – eine Spitze gegen 1&1 Drillisch.Die SPD-Fraktion fordert ein staatliche­s Ausbauprog­ramm für Orte, an denen Mobilfunku­nternehmen nicht investiere­n. Zum einen sollen Firmen beim Ausbau in wirtschaft­lich nicht rentablen Regionen gefördert werden, zum anderen könnte der Staat Mobilfunkm­asten errichten. Das könne eine kommunale Infrastruk­turgesells­chaft übernehmen.

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FOTO: DPA Jochen Homann, Präsident der Bundesnetz­agentur, startete am Dienstag am Mainzer Standort der Behörde die Versteiger­ung von 5G-Mobilfunkf­requenzblö­cken.

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