Grinsi-Klinsi, der neue Chefkritiker
Jürgen Klinsmann (54) ist Weltmeister und Europameister. Er hat 108 Länderspiele für Deutschland bestritten, dabei 47 Tore erzielt. Und seine vielleicht größte sportliche Tat vollbrachte er als Bundestrainer der Nationalmannschaft von 2004 bis 2006. Er erlöste ein ganzes Land von den Qualen des Rumpelfußballs, entstaubte den Verband und war der Motor des Sommermärchens 2006. Nun ist er Chefkritiker der DFB-Auswahl. Am Mittwochabend gab er seinen Einstand als TV-Experte bei RTL – Nachfolger von Jens Lehmann, der als Assistenztrainer zum FC Augsburg gewechselt war.
Klinsmann, der Mann mit dem Dauergrinsen, präsentiert sich bei seiner Premiere vor der Kamera aufgeräumt, klar in der Ansprache, deutlich in der Analyse. Gleich zu Beginn trifft er auf Joachim Löw, mit dem er bis heute freundschaftlich verbunden ist. Der beste Freund von Klinsmann ist aber Klinsmann selbst, weshalb es ihm nicht besonders schwer fällt, seine taktische Ausrichtung zu verdeutlichen: „Der Fußball steht im Vordergrund, da geht es um Fakten.“Der deutsche Fußball müsse sich neu erfinden, nachdem man die WM und die vergangenen Monate „ordentlich vergeigt“habe.
Das Spiel bot durchaus Möglichkeiten, Dinge anzusprechen. Und davor scheute Klinsmann auch nicht zurück. Er traf dabei einen wohltuenden Ton: Kritik, deutlich eingesetzt, kein Schmusekurs, aber auch kein Anstimmen von Weltuntergangsstimmung. Klinsmann ist noch nah dran. Er sagt „wir“, bei ihm wirkt es aber nicht anbiedernd. Spannend wird es, wenn Klinsmann in entscheidenden Spielen Löw vor laufender Kamera die Meinung sagen muss. Das könnte spannend werden.
GIANNI COSTA