Eltern sollen Kitakinder zeitweise zu Hause betreuen
In einer Bergheimer Tagesstätte herrscht großer Personalmangel. Die Stadt spricht von einer Ausnahme.
BERGHEIM (sat) In Witten fehlen 284 Plätze, in Bochum sind es 280, in Essen 3000 und in Duisburg rund 600. In nahezu jeder Kommune im Ruhrgebiet gibt es Versorgungslücken in der Kita-Betreuung. Selig also, wer einen Betreuungsplatz hat? Nicht unbedingt. In der Bergheimer Kita Breslauer Straße klagen Eltern über Personalengpässe, die zur Folge haben, „dass seit vergangenem Jahr regelmäßig Kinder zu Hause bleiben müssen“, erzählt Carolin Zilligen, eine betroffene Mutter. „Im Januar und Februar war das fast jede zweite Woche der Fall, weil das Jugendamt es nicht hinbekommt, Springer als Aushilfe zur Verfügung zu stel- len. Wir zahlen also für den Kindergarten und müssen die Kinder trotzdem häufig zu Hause lassen“, sagt Carolin Zilligen.
Mit ihrer Kritik ist sie nicht alleine. Ayse Bayri, Nicole Pastor und Sabine Kruber, deren Kinder ebenfalls in die Kita an der Breslauer Straße gehen, stimmen zu: „Man hat keine Planungssicherheit, wenn man um 7 Uhr morgens angerufen wird, um mitgeteilt zu bekommen, dass man sein Kind heute nicht in die Kita bringen soll. Die Erzieher geben sich große Mühe und gehen selber bis an ihre Grenzen“, erklärt Sabine Kruber. Das Problem gebe es seit „mindestens drei Jahren“, sagt Ayse Bayri. Deshalb würden die Eltern auch jedes Jahr die Stadt anschreiben. „Vergebens. Es kommt ein freundlicher Brief zurück, aber es ändert sich nichts“, sagt Zilligen.
Duisburgs Jugendamtsleiter Hinrich Köpcke spricht von einem Einzelfall und einer Ausnahme. „Mir sind keine weiteren Fälle bekannt“, sagt er. Die Personalausstattung in den Duisburger Kitas sei „gut, sie orientiert sich am Kinderbildungsgesetz. Außerdem haben wir einen Springerpool, der in solchen Fällen für Entlastung sorgt.“Im Fall der Bergheimer Kita hätten „die Grippewelle und Schwangerschaften“zum unplanbarem Ausfall und der Mitarbeiter und einer „temporären Lücke“geführt.
Dass die betroffenen Eltern dennoch den vollen Kita-Beitrag zahlen müssen, liege daran, dass die Stadt an die Satzung gebunden sei. „In der Geschäftsordnung, die alle Eltern unterschreiben, ist dies ausdrücklich festgeschrieben“, erklärt der Jugendamtsleiter. Gleichzeitig werde aber allen Betroffenen ein Ersatz-Betreuungsplatz in einer anderen Kita angeboten, sagt Köpcke.
Carolin Zilligen und anderen Eltern wurde bislang kein Ersatzplatz angeboten, da sie in Elternzeit und somit nicht berufstätig sind. Ihren Wunsch auf mehr Kita-Personal kann man im Rathaus nachvollziehen. Aber: „Das Personaldefizit betrifft leider viele Bereiche der Stadtverwaltung. Vor allem das Call Center, die Ausländerbehörde, die Bürgerservicestationen, das Straßenverkehrsamt sowie das Sozialamt sind betroffen“, erklärt Stadtsprecherin Gabi Priem. Entstanden sei das Problem auch durch neue Aufgaben, vorgegeben von Bund und Land. Auch die Personal-Altersstruktur, habe die Fluktuationszahlen in den letzten Jahren deutlich ansteigen lassen. Im Ergebnis stieg die Zahl der benötigten Stellen, ohne die Stellen zeitgleich besetzen zu können.