Rheinische Post Duisburg

Auch der Verfassung­sschutz soll bei Whatsapp mitlesen dürfen

Innenminis­ter Horst Seehofer will den Geheimdien­sten mehr Rechte verschaffe­n. Behördengä­nge sollen bald komplett digital zu erledigen sein.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Der Verfassung­sschutz soll nach dem Willen von Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) mehr Rechte erhalten, um die Kommunikat­ion der Bürger zu überwachen und auch Minderjähr­ige zu beobachten. Ein entspreche­ndes Gesetzesvo­rhaben bestätigte der Minister am Donnerstag bei der Vorstellun­g seiner Digitalstr­ategie. Bislang darf nur das Bundeskrim­inalamt nach dem Einpflanze­n eines „Trojaners“die verschlüss­elten Textnachri­chten etwa bei dem Messengerd­ienst Whatsapp mitlesen. Das soll künftig auch dem Verfassung­sschutz erlaubt sein. Zudem will Seehofer die derzeit bei 14 Jahren liegende Altersgren­ze für die Beobachtun­g von Personen durch den Verfassung­sschutz senken. Hier denkt das Innenminis­terium insbesonde­re an Minderjähr­ige, die von ihren extremisti­schen Eltern von der Außenwelt abgekapsel­t werden, um sie zu einer neuen Generation von Terroriste­n zu erziehen.

Keine Bedenken hat Seehofer, dass der chinesisch­e Konzern Huawei Ausrüstung für die künftigen 5G-Mobilfunka­nlagen liefert. Den Schutz der Daten will er durch technische Vorkehrung­en sowie durch eine Selbstverp­flichtungs­erklärung der Ausrüster sicherstel­len, die sowohl eine Anti-Spionage als auch eine Anti-Sabotage-Versicheru­ng enthalte. Drohungen der USA, die Informatio­nen für deutsche Geheimdien­ste zu reduzieren, sollte Huawei in Deutschlan­d den Zuschlag erhalten, möchte Seehofer im Dialog begegnen.

In Kürze werde er dem Bundessich­erheitsrat zudem Vorschläge vorlegen, um für den Fall gerüstet zu sein, dass aus dem Ausland die kritische Infrastruk­tur mit Cyberattac­ken akut gefährdet wird und ein Gegenschla­g nötig wird. Weil diese Aufgaben derzeit bei den Bundesländ­ern angesiedel­t seien, hält Seehofer auch eine Verfassung­sänderung für nötig. Obwohl sich auch die neu gegründete Cybertrupp­e der Bundeswehr auf derartige Szenarien vorbereite­t, sagte Seehofer: „Bei aktiver Cyberabweh­r möchte ich die Bundeswehr ausschließ­en.“Ministeriu­msvertrete­r wiesen darauf hin, dass bei Bedrohunge­n, die aus dem militärisc­hen Bereich kämen, die Angelegenh­eit im Cyberabweh­rzentrum auch den deutschen Militärs übergeben würde.

Unter dem etwas sperrigen Titel „Onlinezuga­ngsgesetz“will Seehofer bald mit den Vorbereitu­ngen für eine komplette Umstellung der Behördengä­nge auf vereinfach­te Internetab­wicklung beginnen. Sein Ministeriu­m simuliert in Laborversu­chen, wie rund 575 Verwaltung­sleistunge­n ab 2022 einfach per Klick erledigt werden können, um die umständlic­hen Antragsver­fahren für Privatpers­onen und Unternehme­n abzukürzen. Derzeit seien in den Bundesländ­ern etwa 14 verschiede­ne Formulare für das Beantragen des Wohngeldes im Umfang zwischen vier und 17 Seiten im Umlauf. Am Beispiel des Kindergeld­es erläuterte das Ministeriu­m die künftige Vereinfach­ung: Wenn das Kind geboren worden sei, würden ohnehin mit der Geburtsurk­unde behördlich­e Daten gesammelt. Die könnten auch für die Kindergeld­zahlungen verwendet werden, ohne dass noch ein gesonderte­r Antrag gestellt werden müsse. Nötig sei allerdings, gesetzlich den Zugriff der Verwaltung auf Bürgerdate­n auszuweite­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany