Rettungsdienst: Gericht stärkt DRK
Private Anbieter haben keinen Anspruch darauf, dass Rettungsdienst-Aufträge ausgeschrieben werden. Die Städte dürfen damit weiter auf Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz setzen. Die Landesregierung begrüßt das Urteil.
LUXEMBURG / SOLINGEN Private Rettungsdienst-Anbieter werden es auch in Zukunft schwer haben, in NRW Fuß zu fassen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigte am Donnerstag Urteile, denen zufolge Kommunen den Auftrag für die Versorgung von Notfallpatienten auch ohne öffentliche Ausschreibung an gemeinnützige Organisationen vergeben dürfen. Der Spruch des EuGH gilt als wegweisende Stärkung von Hilfsorganisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz (DRK), der Johanniter Unfallhilfe, dem Arbeiter Samariter Bund (ASB) und dem Malteser Hilfsdienst, die den Rettungsdienst in NRW nun wohl auch weiter fast im Alleingang mit den Feuerwehren bestreiten werden.
Anlass war ein Streit in Solingen. Die Stadt hatte vier Hilfsorganisationen um Angebote für Aufträge im Gesamtumfang von 2,7 Millionen Euro im Jahr gebeten. Zum Zug kamen das DRK und der ASB. Dagegen klagte als privater Anbieter die dänische Falck-Gruppe, die sich nicht hatte bewerben dürfen. Das EuGH argumentierte, bei der Betreuung und Versorgung von Notfallpatienten im Rettungswagen handele es sich um Gefahrenabwehr. Solche Aufgaben dürften ohne Ausschreibung vergeben werden. Das Geschäft mit dem Rettungsdienst ist ein Milliardenmarkt. 2017 gaben die Krankenkassen rund 2,3 Milliarden Euro für die Leistungen aus, etwa drei Mal so viel wie 2002. Eine weitere Milliarde mussten die Krankenkassen 2017 für den Einsatz von Notarztwagen zahlen.
Die Falck-Gruppe bezeichnet sich als größtes privates Rettungsdienstunternehmen in Deutschland. Die Gruppe ist hier seit 2010 aktiv und betreibt in acht Bundesländern 550 Rettungswagen. Zum Vergleich: Für das DRK fahren in Deutschland 4700 Fahrzeuge. Die Landesregierung konnte auf Anfrage nicht sagen, welche Marktanteile die einzelnen Hilfsorganisationen jeweils im NRW-Rettungsdienst haben.
Das Urteil stieß auf breite Zustimmung. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte: „Das ist ein wichtiges Signal an die anerkannten Hilfsorganisationen, die in unserem Land eine gute Ar- beit leisten.“Der aus Solingen stammende gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, Josef Neumann, sprach von einer „guten Nachricht für die Kommunen“. Das Urteil werde „Signalwirkung für ganz Deutschland haben“.
Peter Gretenkort, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Notärzte in NRW, betonte: „Das Urteil stärkt die Hilfsorganisationen und damit das große ehrenamtliche Engage- ment dort.“Anders als private Anbieter würden die Organisationen sich über den Rettungsdienst hinaus ehrenamtlich auch im Katastrophenschutz, im Sanitätsdienst etwa bei großen Veranstaltungen und anderen Bereichen engagieren. „Es ist auch nicht so, dass private Anbieter mit hauptamtlichen Kräften professioneller arbeiten als das Ehrenamt“, widersprach Gretenkort einem gängigen Vorurteil. Das würden strenge Ausbildungsvorgaben sicherstellen, die auch für das Ehrenamt gelten. Zudem würden ehrenamtliche Rettungswagen-Besatzungen stets mit hauptamtlichen Kräften gemischt. Und nicht zuletzt würden viele ehrenamtliche Kräfte berufliche Erfahrungen etwa aus der Krankenpflege mitbringen.
Die Falck-Gruppe wollte zunächst keine Stellung beziehen. „Nun besteht endlich Rechtssicherheit“, sagte der Solinger Beigeordnete Jan Welzel. Die Stadt sehe sehe sich in ihrer Auffassung der gesetzlichen Regelung bestätigt.
Die Neuvergabe des Solinger Rettungsdienstes war im Jahr 2016 erfolgt und gilt für fünf Jahre. Im nächsten Jahr wird die Stadt den Rettungsdienst erneut ausschreiben, dann für die Zeit von 2021 bis 2026. Wobei der Beigeordnete Welzel keinen Zweifel daran ließ, dass die Stadt die Hilfsorganisationen „besonders berücksichtigen“werde. Neben dem DRK und dem ASB kündigten auch die Johanniter an, sich zu beteiligen.