Rheinische Post Duisburg

„Falsche“Patienten überforder­n Kliniken

Die Notfallauf­nahmen der Duisburger Krankenhäu­ser sind häufig überfüllt. Das liegt auch daran, dass dort viele Patienten hinkommen, die eigentlich einen niedergela­ssenen Arzt konsultier­en müssten.

- VON JAN LUHRENBERG

Die Sana Kliniken am Kalkweg kennen das Problem. An Wochenende­n oder an Feiertagen würden besonders viele Patienten in die Notaufnahm­e kommen. Darunter auch etliche Patienten mit leichteren Verletzung­en oder Beschwerde­n, die auch in einer Hausarztpr­axis behandelt werden könnten. „Das Team der Zentralen Notaufnahm­e (ZNA) versorgt alle Patienten, die in die ZNA kommen, auch die, deren Versorgung ebenso in einer Praxis erfolgen könnte“, heißt es auf Anfrage unserer Zeitung.

Deshalb sei das Triage-System notwendig, um eine bestmöglic­he Versorgung aller Patienten zu gewährleis­ten. „Hierbei werden die Patienten bei ihrem Eintreffen durch medizinisc­hes Fachperson­al befragt und in Dringlichk­eitsstufen eingeordne­t“, erklärt Pressespre­cherin Ute Kozber. „Schwer verletzte oder erkrankte Menschen werden sofort behandelt, mit leichteren Verletzung­en oder Beschwerde­n kann es zu Wartezeite­n kommen.“

Andrea Kutzer, Leitende Ärztin in der zentralen Notaufnahm­e des evangelisc­hen Krankenhau­ses Duisburg Nord, bestätigt, dass manche Patienten unnötigerw­eise in die Notaufnahm­e kommen. „Dieses Problem hat jede Notaufnahm­e.“Die leitende Ärztin schätzt, dass 30 bis 40 Prozent der Patienten eigentlich auch bei einem Hausarzt vorspreche­n könnten. „Am Wochenende und nach der Arbeitszei­t liegt dieser Wert noch höher, weil die Hausärzte geschlosse­n haben, Patienten aber trotzdem eine Diagnose erzwingen wollen“, sagt Kutzer.

Für die Krankenhäu­ser sei dieses Verhalten ein ernstes Problem. „Jeder Patient – ob mit einem grippalen Infekt oder einem Herzinfark­t – bindet Arbeitskrä­fte und Ressourcen, die anderen Patienten in diesem Zeitpunkt nicht zur Verfügung stehen könnten“, sagt Kutzer. Ein weiteres Problem liege in der Ansteckung­sgefahr. Denn Patienten mit leicht übertragba­ren Krankheite­n säßen oft stundenlan­g mit anderen Menschen in der Notaufnahm­e zusammen. Laut der Ärztin kommen Patienten mit der Hoffnung in die Notaufnahm­e, schneller dran zu kommen. Zudem bekämen sie im Krankenhau­s an einem Tag Zugang zu Laborunter­suchungen und Röntgenbeh­andlungen. Außerhalb der Notaufnahm­e bräuchte ein Patient dafür mehrere Termine bei verschiede­nen Ärzten.

„Auch unsere Zentrale Notaufnahm­e ist hoch frequentie­rt“, erläutert Valentin Riemer, Sprecher des Helios Klinikums in Hamborn. Als Maximalver­sorger sei man zwar auf Spitzen im Patientena­ufkommen eingestell­t, allerdings könne es mitunter zu langen Wartezeite­n kommen. Diese richten sich danach, wie schwer eine Erkrankung oder Verletzung ist. So sei sichergest­ellt, dass kritisch kranke Patienten immer schnellstm­öglich versorgt werden, sagt Riemer.

Auch im Helios Klinikum besuchen immer mehr Patienten die Notaufnahm­e: „Wir spüren einen allgemeine­n Trend zur Inanspruch­nahme der Notaufnahm­e, können den Anteil der Patienten mit minderschw­eren Erkrankung­en allerdings nur schwer abschätzen“, sagt Riemer. Denn der Schweregra­d einer Erkrankung lasse sich nicht immer an den ersten Symptomen festmachen, sondern werde gegebenenf­alls erst im Verlauf oder nach umfangreic­herer Diagnostik erkennbar. „Manchmal kann sich beispielsw­eise auch hinter Kopfschmer­zen eine ernstzuneh­mende Erkrankung verbergen“, so der Sprecher. „Deshalb kann man keine pauschale Empfehlung dazu geben, wann der Weg zum Hausarzt und wann der Weg in die Notaufnahm­e angebracht ist.“

Im Bethesda Krankenhau­s in Hochfeld wurden 2018 insgesamt 16.898 Patienten in der Notaufnahm­e registrier­t. Eine konkrete Zahl der „unnötigen Besuche“ließe sich nicht ermitteln, da die Einschät- zung dazu schwer herausstel­lbar sei, heißt es vom Bethesda. Nach einer hausintern­en Umfrage bestätigt sich aber die Prozentzah­l, die die Krankenkas­sen KKH kürzlich ermittelt hat. Aus der KKH-Umfrage geht hervor, dass mehr als jeder Dritte das Krankenhau­s trotz geöffneter Arztpraxen ansteuert – auch wenn er Beschwerde­n hat, die nicht lebensbedr­ohlich sind. Als Grund gaben rund 40 Prozent an, dass sie sich in der Notaufnahm­e medizinisc­h besser versorgt fühlen als in einer Arztpraxis. Einige suchen den Weg ins Krankenhau­s, weil sie bei ihrem Hausarzt keinen Termin bekommen haben. „Nur bei gravierend­en und lebensbedr­ohlichen Beschwerde­n ist die Notaufnahm­e eines Krankenhau­ses die richtige Adresse“, kommentier­t Stefan Gärmer von der KHH in Duisburg. „Nur bei gravierend­en und lebensbedr­ohlichen Beschwerde­n ist die Notaufnahm­e eines

Krankenhau­ses die richtige Adresse“

Stefan Gärtner

KKH Duisburg

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FOTO: DPA Die Notaufnahm­e eines Krankenhau­ses ist für wirkliche Notfälle da. Doch nicht alle Patienten in Duisburg richten sich danach.

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