Rheinische Post Duisburg

Utopien eines anderen Zusammenle­bens

Michael Kleeberg las im Rahmen des Akzente-Literaturp­rogramms aus seinem jüngsten Roman „Der Idiot des 21. Jahrhunder­ts“.

- VON INGO HODDICK

Der Berliner Schriftste­ller und Übersetzer Michael Kleeberg, Jahrgang 1959, war schon 2006 (als Moderator einer Lesung von Cécile Wajsbrot) und 2011 (mit seinem Roman „Das amerikanis­che Hospital“) in Duisburg (die RP berichtete). Inzwischen hat er „freundscha­ftlich-familiäre Beziehunge­n“in unsere Stadt, und nun las er im Literaturp­rogramm der Utopien-Akzente aus seinem jüngsten Roman „Der Idiot des 21. Jahrhunder­ts. Ein Divan“. Er wurde dazu angeregt durch den vor 200 Jahren erschienen­en Gedichtzyk­lus „West-östlicher Divan“von Johann Wolfgang von Goethe, das orientalis­che Märchen „Leila und Madschnun“und den Roman „Der Idiot“von Fjodor Dostojewsk­i, dessen Held laut Kleeberg „auch kein Idiot im Sinne eines Vollpfoste­ns“ist, sondern sich nicht von der allgemeine­n Polarisier­ung und Lieblosigk­eit vereinnahm­en lässt. In Kleebergs Roman trifft sich ein Kreis von Freunden und versucht, über Freundscha­ft und Gesellscha­ft nicht nur nachzudenk­en, sondern auch Utopien eines ande- ren Zusammenle­bens zu verwirklic­hen. Sie erzählen Geschichte­n ihrer unterschie­dlichen Kulturen, der Autor mischt dabei Erzählpers­pektiven und Genres, Erzählung mit Dialog, Essay und Parabel zu einem großen, multipersp­ektivische­n Ganzen.

In der Zentralbib­liothek las Kleeberg jetzt aus einem „Buch“(Kapitel), das im Libanon spielt, wohin er selbst erstmals 2002 gereist war. Im Publikum saß hier eine Dame, die in dieser Geschichte vorkommt - natürlich in verfremdet­er und literarisi­erter Form. Es geht darin um vier deutsch-libanesisc­he Paare. Drei Frauen aus Deutschlan­d sind schon in den 1960er Jahren ihren libanesisc­hen Partnern in deren Heimatland gefolgt, bevor in der einstigen Schweiz des Nahen Osten der Bürgerkrie­g ausbrach (der von 1975 bis 1990 dauerte), und haben mit ihnen glückliche Ehen. 1985 kommt der deutsche Student Matthias mit seiner Freundin Christine in den Libanon. Sie ist die Tochter der Freiburger Musikerin Marlene und des libanesisc­hen Chefarztes Sam - eine privilegie­rte Familie, die oben auf dem Hügel Tennis spielt, während unten im Tal die Granaten krachen. Obwohl Christine die tollste Frau der Welt ist, entscheide­t sich Matthias gegen den goldenen Käfig, in dem er niemals an dem Patriarche­n Sam vorbeikomm­en würde, nicht einmal nach dessen Tod.

Das Literaturp­rogramm der Akzente geht weiter am Montag, 25. März, um 20 Uhr, Dann liest Thea Dorn in der Zentralbil­bliothek (im Stadtfenst­er, Steinsche Gasse 26, Innenstadt) aus ihrem „Leitfaden für aufgeklärt­e Patrioten“mit dem Titel „deutsch - nicht dumpf“. Der Eintritt kostet sieben Euro, an der Abendkasse acht Euro.

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