Bundesliga-Legende Burgsmüller mit 69 Jahren gestorben
DÜSSELDORF Die Gesetze der Biologie hat er sein ganzes Leben lang ignoriert. Als er 29 war, hielt ihn Fußball-Bundestrainer Helmut Schön für zu alt. Deshalb verpasste Manfred Burgsmüller, den alle nur Manni nannten, die Weltmeisterschaft 1978. Fünf Jahre später schoss er sich mit 29 Treffern an die Spitze der Torschützenliste der 2. Liga. Beim 1. FC Nürnberg war das. Otto Rehhagel holte den fast 36-Jährigen zu Werder Bremen. MIt 38 Jahren wurde Burgsmüller deutscher Meister, es war sein erster Titel. Und er trug dazu auf seine besondere Weise bei, mit Toren der Marke „Schlitzohr“, mit Spielintelligenz und einem feinen Schuss liebenswürdiger Schnoddrigkeit, die sein Merkmal als Fußballer und Mensch war. Am Samstag ist Manni Burgsmüller im Alter von 69 Jahren in seiner Heimatstadt Essen gestorben.
Er war ein Reviertyp aus dem Bilderbuch, geradeaus, mit einem herben Charme. Ihn konnte man sich als grantelnden Zuschauer beim Derby zwischen Rot-Weiss und Schwarz-Weiß vorstellen, als Besucher der Trinkhalle an der Ecke, wo er mit den Kumpels die neuesten Nachrichten aus dem Fußball diskutiert und als Ratgeber, der ein klares Wort nicht scheut – immer mit dem unüberhörbaren Ton seiner Heimat.
Gefragt haben ihn seine früheren Klubs allerdings nicht so häufig. Dabei hätte er ihnen viel erzählen können. Er spielte für sechs Vereine (RWE, Bayer Uerdingen, Borussia Dortmund, Nürnberg, Rot-Weiß Oberhausen, Werder Bremen), und er prägte alle mit Toren und ausgeprägter Meinungsfreude. Bis heute belegt er mit 213 Toren den vierten Platz in der ewigen Torjägerrangliste der Bundesliga. Er hatte eben nicht nur eine große Klappe, es steckte auch viel dahinter. Unvergesslich sein aufrechter Laufstil auf leicht gebogenen, erstaunlich dünnen Beinen und seine unerschütterliche Coolness. Er war ein Leader im Fußball, bevor das Wort erfunden war.
Und er war ein Hauptdarsteller in einer Zeit, die das große Business noch nicht kannte. Deshalb ist ihm das moderne Theater und das ganze Drumherum in den Arenen unserer Zeit immer fremd geblieben. „Ich stell’ mich doch nicht zwei Stunden auf dem Hinweg und zwei auf dem Rückweg in den Stau, nur um ein Bundesliga-Spiel zu gucken“, hat er unserer Redaktion mal gesagt.
Dabei hat er Anschauungsunterricht in einem anderen durchprofessionalisierten Sport genossen. Als Quereinsteiger gab er sechs Jahre auf seinen dünnen Säbelbeinen den Kicker für die Football-Profis von Rhein Fire in Düsseldorf. Auch dort ignorierte er die Gesetze der Biologie. Mit 52 war er der älteste Football-Berufsspieler der Welt. Zuletzt hat er den Gesetzen der Biologie doch gehorchen müssen.