Personalnot belastet Rettungsdienst
In NRW fehlt laut Feuerwehrgewerkschaft eine vierstellige Zahl an Fachkräften für die Besetzung von Rettungswagen. Das zuständige Ministerium hat dazu keine konkreten Daten.
DÜSSELDORF Der Rettungsdienst in NRW leidet massiv unter einem Mangel an Fachkräften. „Ich gehe davon aus, dass uns landesweit eine hohe vierstellige Zahl an Fachkräften für die Besetzung von Rettungswagen fehlen“, sagt der NRW-Chef der deutschen Feuerwehrgewerkschaft, Dirk Viertelhaus. Eine Umfrage in unseren Lokalredaktionen bestätigt das Problem.
In NRW sind die Kreise und kreisfreien Städte als Träger des Rettungsdienstes für eine bedarfsgerechte Versorgung verantwortlich. Die Aufsicht hat das NRW-Gesundheitsministerium (MAGS). Obwohl der Fachkräftemangel im Rettungsdienst unter Experten schon länger diskutiert wird, hat das Ministerium keinen Überblick: „Zahlen in Form einer umfassenden Erhebung zu einem Personalmangel liegen dem MAGS nicht vor“, heißt es in einer Stellungnahme. Die Frage, welche Folgen der Mangel für die Versorgung der Bevölkerung hat, lässt das Ministerium unbeantwortet. „Minister Laumann ist hier offenbar im Blindflug unterwegs“, kommentiert die SPD im Landtag.
Peter Gretenkord, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Notärzte in NRW, hält die Akutversorgung von Notfallpatienten zwar noch nicht für gefährdet, aber: „Im Rettungsdienst ist der Personalstamm auf Kante genäht. Teilweise stehen die Fahrzeuge, weil das Personal fehlt“, so der Notarzt. Insbesondere, wenn Personal erkranke oder anderweitig ausfalle, mache der Engpass sich bemerkbar.
Bei der Düsseldorfer Feuerwehr wollte keine rechte Freude aufkommen, als die Stadt zwölf neue Rettungstransportwagen angekündigt hat. Der Grund dafür: Schon für die vorhandene Flotte ist nicht genug Personal da. Aktuell sind 30 Stellen in der Landeshauptstadt nicht besetzt.
Der Kreis Mettmann muss eine eigene Feuerwehrschule aufbauen, weil der Bedarf anders nicht mehr gedeckt werden kann. In Hilden kann derzeit ein Krankentransportfahrzeug, in Erkrath ein Rettungsdienst-Spitzenlastfahrzeug nicht besetzt werden.
In Langenfeld werden alle 80 verbeamteten Feuerwehrleute zu Notfallsanitätern fortgebildet, was Lücken beim klassischen Brandschutz reißt, wie Wolfram Polheim berichtet. Der Langenfelder Brandschutzreferatsleiter sagt: „Das Thema Rettungsdienst wird die Feuerwehren noch über Jahre beschäftigen.“Marc Zellerhoff, ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes im Rhein-Kreis Neuss, sagt: „Auch die Rettungsdienste im Rhein-Kreis Neuss haben Probleme, alle Stellen zu besetzen.“
In Mönchengladbach werden derzeit mit 50 Anwärtern mehr als je zuvor ausgebildet. Auch wegen dieser Ausbildungsstrategie gehört Mönchengladbach zu den wenigen Städten mit einer auskömmlichen Rettungsdienst-Personaldecke. Das zeigte vor gut einem Jahr eine Recherche des WDR: Notärzte fordern, dass das Rettungspersonal bei einem Notruf spätestens nach acht Minuten am Einsatzort sein soll. Nur zwei Städte in NRW hielten diese Frist nach eigenen Angaben in 90 Prozent aller Fälle ein: Mönchengladbach und Essen.
Unter anderem sind die stark steigenden Einsatzzahlen für die Engpässe verantwortlich. Beispiel Düsseldorf: Dort stiegen die Rettungsdienst-Einsätze seit 2013 um fast 40 Prozent. Experten beklagen, dass die Zahl der ungerechtfertigten Notrufe zunimmt.
(unter Mitarbeit der Lokalredaktionen)
Leitartikel