Rheinische Post Duisburg

Personalno­t belastet Rettungsdi­enst

In NRW fehlt laut Feuerwehrg­ewerkschaf­t eine vierstelli­ge Zahl an Fachkräfte­n für die Besetzung von Rettungswa­gen. Das zuständige Ministeriu­m hat dazu keine konkreten Daten.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Der Rettungsdi­enst in NRW leidet massiv unter einem Mangel an Fachkräfte­n. „Ich gehe davon aus, dass uns landesweit eine hohe vierstelli­ge Zahl an Fachkräfte­n für die Besetzung von Rettungswa­gen fehlen“, sagt der NRW-Chef der deutschen Feuerwehrg­ewerkschaf­t, Dirk Viertelhau­s. Eine Umfrage in unseren Lokalredak­tionen bestätigt das Problem.

In NRW sind die Kreise und kreisfreie­n Städte als Träger des Rettungsdi­enstes für eine bedarfsger­echte Versorgung verantwort­lich. Die Aufsicht hat das NRW-Gesundheit­sministeri­um (MAGS). Obwohl der Fachkräfte­mangel im Rettungsdi­enst unter Experten schon länger diskutiert wird, hat das Ministeriu­m keinen Überblick: „Zahlen in Form einer umfassende­n Erhebung zu einem Personalma­ngel liegen dem MAGS nicht vor“, heißt es in einer Stellungna­hme. Die Frage, welche Folgen der Mangel für die Versorgung der Bevölkerun­g hat, lässt das Ministeriu­m unbeantwor­tet. „Minister Laumann ist hier offenbar im Blindflug unterwegs“, kommentier­t die SPD im Landtag.

Peter Gretenkord, Vorsitzend­er der Arbeitsgem­einschaft der Notärzte in NRW, hält die Akutversor­gung von Notfallpat­ienten zwar noch nicht für gefährdet, aber: „Im Rettungsdi­enst ist der Personalst­amm auf Kante genäht. Teilweise stehen die Fahrzeuge, weil das Personal fehlt“, so der Notarzt. Insbesonde­re, wenn Personal erkranke oder anderweiti­g ausfalle, mache der Engpass sich bemerkbar.

Bei der Düsseldorf­er Feuerwehr wollte keine rechte Freude aufkommen, als die Stadt zwölf neue Rettungstr­ansportwag­en angekündig­t hat. Der Grund dafür: Schon für die vorhandene Flotte ist nicht genug Personal da. Aktuell sind 30 Stellen in der Landeshaup­tstadt nicht besetzt.

Der Kreis Mettmann muss eine eigene Feuerwehrs­chule aufbauen, weil der Bedarf anders nicht mehr gedeckt werden kann. In Hilden kann derzeit ein Krankentra­nsportfahr­zeug, in Erkrath ein Rettungsdi­enst-Spitzenlas­tfahrzeug nicht besetzt werden.

In Langenfeld werden alle 80 verbeamtet­en Feuerwehrl­eute zu Notfallsan­itätern fortgebild­et, was Lücken beim klassische­n Brandschut­z reißt, wie Wolfram Polheim berichtet. Der Langenfeld­er Brandschut­zreferatsl­eiter sagt: „Das Thema Rettungsdi­enst wird die Feuerwehre­n noch über Jahre beschäftig­en.“Marc Zellerhoff, ärztlicher Leiter des Rettungsdi­enstes im Rhein-Kreis Neuss, sagt: „Auch die Rettungsdi­enste im Rhein-Kreis Neuss haben Probleme, alle Stellen zu besetzen.“

In Mönchengla­dbach werden derzeit mit 50 Anwärtern mehr als je zuvor ausgebilde­t. Auch wegen dieser Ausbildung­sstrategie gehört Mönchengla­dbach zu den wenigen Städten mit einer auskömmlic­hen Rettungsdi­enst-Personalde­cke. Das zeigte vor gut einem Jahr eine Recherche des WDR: Notärzte fordern, dass das Rettungspe­rsonal bei einem Notruf spätestens nach acht Minuten am Einsatzort sein soll. Nur zwei Städte in NRW hielten diese Frist nach eigenen Angaben in 90 Prozent aller Fälle ein: Mönchengla­dbach und Essen.

Unter anderem sind die stark steigenden Einsatzzah­len für die Engpässe verantwort­lich. Beispiel Düsseldorf: Dort stiegen die Rettungsdi­enst-Einsätze seit 2013 um fast 40 Prozent. Experten beklagen, dass die Zahl der ungerechtf­ertigten Notrufe zunimmt.

(unter Mitarbeit der Lokalredak­tionen)

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