Debatte um Schutzzone in Nordsyrien
Die Forderung von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer nach einer militärisch gesicherten Schutzzone spaltet die Fraktionen im Bundestag.
BERLIN Mit ihrem Vorstoß für eine internationale Schutzzone in Syrien hat Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) im In- und Ausland viele überrascht, manch einen düpiert.
Welche Chance auf Umsetzung hat der Vorstoß der Verteidigungsministerin?
Eine Schutzzone mit internationaler militärischer Beteiligung wäre wohl nur mit einem Mandat der Vereinten Nationen möglich. Dem müssten also auch die Hauptakteure in der Region, die Türkei, Russland und Syrien zustimmen. Dass sie sich darauf einlassen, internationalen Truppen in Nordsyrien das Kommando zu geben, ist sehr unwahrscheinlich. Der Vorstoß der deutschen Verteidigungsministerin könnte dennoch der Impuls dafür sein, dass nach dem Rückzug der Amerikaner aus Syrien die Europäer mit einem internationalen Mandat Verantwortung übernehmen. Russland kün
digte an, den Vorschlag zu prüfen.
In welchem Umfang könnte sich die Bundeswehr an einem Schutzzonen-Einsatz beteiligen?
Die Fachpolitiker von Union und SPD haben dazu schon ein paar Berechnungen angestellt und sind je nach Mandat bei Zahlen zwischen 12.000 und 40.000 gelandet.
Hätte die Bundeswehr überhaupt die Kapazität, sich an der Sicherung einer Schutzzone zu beteiligen? Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), ist da skeptisch. „Die Bundeswehr ist heute schon gut ausgelastet mit den Out-of-Area-Einsätzen wie in Afghanistan, in Jordanien oder in Afrika“, sagte Bartels unserer Redaktion. Seit 2014 sei sie zudem wieder Teil der kollektiven Verteidigung Europas und stelle gerade in diesem Jahr die Sperrspitze der Nato-response-force. Bartels betonte: „Aktuell sind 17.000 Kräfte durch Einsätze, einsatzgleiche Verpflichtungen oder Bereitschaft gebunden.“Bei neuen Aufgaben für die Bundeswehr müssten gegebenenfalls die Prioritäten neu gesetzt werden, betonte er. Sprich: Andere Aufgaben der Bundeswehr stünden in Frage.
Wie reagieren die Parlamentarier, die ja jeden Einsatz der Bundeswehr genehmigen müssen?
Das Bild ist gespalten. Die Unionsfraktion stellte sich hinter die CDU-Chefin und Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer. Skeptisch äußerte sich der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Fritz Felgentreu. Ein einzelnes Ministerium könne „keine internationale Politik gestalten“, betonte er. Deutlicher wurde Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter, dem der Vorstoß zu vage ist. „Wie die rechtlichen, politischen und materiellen Vorbedingungen geschaffen werden sollen, beispielsweise eine diplomatische Lösung oder ein UN-Mandat, dazu bleibt Frau Kramp-Karrenbauer realistische Antworten schuldig.“FDP-Chef Christian Lindner warf Kramp-Karrenbauer „Profilierungsbemühungen“vor.
Hat Kramp-Karrenbauer mit ihrem Vorstoß den Außenminister düpiert?
Ja, der Hinweis, dass Maas per SMS informiert worden sei, ist bei einem solchen internationalen Vorhaben in der Tat unangemessen. Erstaunlich ist er auch, denn eigentlich haben AKK und Maas aus ihrer gemeinsamen Regierungszeit im Saarland ein Vertrauensverhältnis. Am Dienstag nun bekundete er, dass er von SMS-Diplomatie wenig halte und berichtete auch von „irritierten“Reaktionen aus dem Ausland auf den deutschen Vorstoß. „Nach dem Vorschlag der Parteivorsitzenden der CDU erreichen uns seit gestern doch einige Fragen unserer Verbündeten“, sagte Maas. „Es gibt auch – und das ist unbestreitbar – eine gewisse Irritation bei unseren Partnern“, denn es gebe derzeit unter den Partnern keine Diskussion um die Errichtung einer internationalen Schutzzone.“