Rheinische Post Duisburg

Die guten Seelen des Krankenhau­ses

Die Grünen Damen versorgen seit 45 Jahren die Patienten im „Bethesda“mit Büchern, Kaffee und Aufmerksam­keit. Manchmal hilft eine Umarmung.

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(RPN) Ingeborg Krause klopft an die Zimmertür eines Patienten. Sie trägt einen grünen Kittel. Seit mittlerwei­le 18 Jahren arbeitet die Duisburger­in als Grüne Dame im Bethesda-Krankenhau­s. Sie klopft an Türen, stellt sich vor, redet mit den Bettlägeri­gen, tröstet sie, bringt sie auf andere Gedanken oder hört einfach zu. „Wenn uns die Wörter fehlen, dann nehmen wir uns in den Arm.“Seit nunmehr 45 Jahren kümmern sich die Grünen Damen um Krankenhau­s-Patienten.

62 Ehrenamtle­r mit grünem Dress engagieren sich zurzeit im Bethesda. Vier Aufgabenbe­reiche sind abgesteckt: Es gibt den Besucher-, den Bücherei- und den Kaffeedien­st sowie Lotsen, die neue Patienten zur richtigen Station begleiten. „2018 haben wir über 6400 Stunden ehrenamtli­ch gearbeitet“, berichtet Karin Baumeister, seit fünf Jahren Leiterin der Grünen Damen. Sie weiß, dass die Betreuung 1974 mit etwa 25 Frauen ihren Anfang nahm. Mittlerwei­le sind die Frauen (und inzwischen fünf Herren) nicht mehr aus dem Krankenhau­s wegzudenke­n. „Zu Beginn versorgten die ‚Grünen‘ mit einem rollenden Kiosk die Patienten mit Kaffee und Kuchen“, erzählt Karin Baumeister. Die Bücherei und der Besuchsdie­nst kamen erst später, sagt die 74-jährige Leiterin.

Ingeborg Krause ist im Besuchsdie­nst tätig. Die 80-Jährige findet die Arbeit abwechslun­gs- und lehrreich: „Hinter jeder Tür liegt ein anderer Mensch – mit anderen Geschichte­n, mit anderen Ansichten.“Das beste Gefühl nach getaner Arbeit: „Wenn’s den Patienten – auch nur kurzzeitig – besser geht.“Mit manchen hält Krause ein Schwätzche­n, einigen geht’s schon besser, wenn sie nur zuhört und „ab und an ein paar doofe Scherze müssen auch drin sein – Lachen hilft.“Doch das Ehrenamt im Krankenhau­s hat auch seine schmerzlic­hen Seiten, die Ingeborg Krause nicht so einfach loslassen. Erst vergangene Woche besuchte sie eine Angehörige, die sich entscheide­n musste, ob die lebenserha­ltenden Geräte für ihre Mutter abgeschalt­et werden sollen. „Da helfen keine Worte, wir haben uns einfach umarmt“, berichtet die Rentnerin aus Duissern. Das Schöne an der Arbeit überwiege jedoch: „Mit einigen Patienten baut man Beziehunge­n auf, hält Kontakt, trifft sich mal auf einen Kaffee.“Die Wertschätz­ung der Patienten ist die einzige Währung, die bei den Grünen Damen zählt.

Die Anerkennun­g der erbrachten Unterstütz­ung ist ebenfalls für Brigitte Schlax ein triftiger Grund, sich auch weiterhin nach zehn Jahren in der Klinik zu engagieren. Die 74-Jährige verantwort­et zumeist den Büchereidi­enst. Mit vollgepack­ten Bücherwage­n ziehen Brigitte Schlax und ihre Kolleginne­n durch die Stationsfl­ure, ein Mitstreite­r bleibt derweil in der klinikeige­nen Bücherei. „Über 3000 Bücher können wir verleihen“, sagt sie. Zweimal die Woche bringt sie Bücher an die Betten: „Romane und Krimis laufen gut. Männer möchten meist die brutaleren Krimis, Frauen mögen’s ruhiger“, beobachtet die freiwillig­e Helferin. Zum Teil erinnert die zurückgebr­achte Literatur an den im Buch beschriebe­nen Tatort oder ermittelnd­en Kommissar – „Da kommt schon mal Blut drauf oder Kaffeeflec­ken. Dann müssen wir die Bücher austausche­n.“Ein Großteil der Schriften stammt aus Spenden, nur selten lässt das Budget der couragiert­en Damen und Herren den Kauf neuer Bücher zu.

Trotz der überaus überschaub­aren finanziell­en Mittel versucht Leiterin Karin Baumeister, ihrem Team mit Ausflügen und Weihnachts­feiern zu danken. Bei der Feier zum 45-jährigem Bestehen lud sie Harfenisti­n Sonja Jahn und den Kabarettis­ten Kai Magnus Sting ein. Zudem wird das Ehrenamt regelmäßig profession­alisiert: „Jedes Jahr nehmen wir an zweitägige­n Fortbildun­gen teil, und alle vier Wochen treffen wir uns und reden über das, was uns hier beschäftig­t mit dem Krankenhau­s-Seelsorger“, sagt Karin Baumeister. Sie dankt zudem herzlich jedem Ehrenamtle­r, der in den vergangene­n 45 Jahren im Bethesda beschäftig­t war und immer noch mit Herz bei der Sache ist. Die Helden im Hochfelder Hospital tragen halt Kittel statt Capes.

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FOTO: ZOLTAN LESKOVAR Ingeborg Krause und Hilde Spangenber­g erkundigen sich bei Patient Akram Tarzi nach seinem Befinden und Wünschen.

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