Rheinische Post Duisburg

Wenn der Helfer zweimal klingelt

Die evangelisc­he Kirchengem­einde Großenbaum/Rahm hat von einem Tag auf den anderen ein Hilfsprogr­amm für die Alten und Schwachen auf die Beine gestellt. Es geht ums Einkaufen, aber auch um Nächstenli­ebe und Trost.

- VON TIM HARPERS

Heike Bader hat in diesen Tagen viel um die Ohren. Und das, obwohl ihr Hauptjob in der Familienbi­ldung wegen des Coronaviru­s derzeit weitgehend ruhen muss. Die Presbyteri­n der Evangelisc­hen Kirchengem­einde Großenbaum/Rahm im Duisburger Süden spricht Leute an, telefonier­t, organisier­t – es müssen Gespräche geführt, Helfer gefunden, Flyer entworfen und verteilt werden. Es sind so viele Aufgaben, dass man sie alleine überhaupt nicht bewältigen kann. Und es ist eher nicht damit zu rechnen, dass es weniger werden. „Das geht alles nur im Team“, stellt Bader klar. „Wir haben eine tolle Gemeinde mit großem Zusammenha­lt.“Nur so sei das überhaupt denkbar, was sie derzeit auf die Beine zu stellen versuchten.

Grund für die ganze Aufregung ist das Coronaviru­s. Es macht besonders dem alten und geschwächt­en Teil der Gemeinde Angst. Bundesund Landesregi­erung raten diesen Menschen mehr oder weniger deutlich, nach Möglichkei­t überhaupt nicht mehr vor die Türe zu gehen und Sozialkont­akte zu meiden. „Aber diese Menschen müssen natürlich versorgt werden“, sagt Bader. „Wir haben vor einigen Tagen in der Gemeinde zusammenge­standen und uns überlegt, dass wir etwas tun müssen. Ein Signal senden.“Herausgeko­mmen sei die Idee für einen Einkaufsse­rvice für die Menschen, die gerade Unterstütz­ung brauchen. Außerdem böten Pastorin Ulrike Kobbe und Notfallsee­lsorger Klaus Andrees telefonisc­he Gesprächst­ermine an, weil Hausbesuch­e ja nicht mehr möglich seien. Dritte Maßnahme seien Trostworte, die man der Gemeinde per Mail zusenden könne, und die dann nach und nach auf der Internetse­ite der Kirchengem­einde veröffentl­icht würden.

Der Einkaufsse­rvice soll nach Möglichkei­t gänzlich ohne persönlich­en Kontakt ablaufen. „Es geht ja darum, die Menschen zu schützen“, sagt Bader. Nachdem sich jemand mit Hilfebedar­f unter den Kontaktnum­mern (siehe Box) mit der Gemeinde in Verbindung gesetzt hat, wird ein Code verabredet. „Das ist uns wichtig“, sagt Bader. „Wir rufen auch ausdrückli­ch dazu auf, sich nur an die angegebene­n Kontaktdat­en zu wenden. Wir wollen nicht, dass zum Beispiel Betrüger dieses Vertrauens­verhältnis

ausnutzen. So ein Code könne ein Wort sein oder bei der Abgabe des Einkaufs zum Beispiel ein Klingelzei­chen. Zunächst werde telefonisc­h abgesproch­en, was benötigt werde. Der Einkaufsdi­enst sei dann kostenlos. Aufkommen müssten die Hilfebedür­ftigen nur für die Auslagen.

Um einen Einkaufsse­rvice auf die Beine zu stellen, bedarf es vieler Freiwillig­er. Die zu finden, war offenbar vergleichs­weise unkomplizi­ert. „Das war kein Problem“, sagt Bader. „Die Hilfsberei­tschaft ist riesengroß. Nachdem die Idee geboren war, habe ich ein paar Leute angesproch­en. Ich hatte dann relativ schnell zwölf Namen zusammen, wobei da zum Teil noch einige Menschen mit dranhängen. Damit fangen wir jetzt an.“Sie sei zuversicht­lich, dass sich bei Bedarf relativ leicht noch mehr Helfer finden ließen.

Bisher hat sich zwar erst eine Person auf das Angebot gemeldet, Bader glaubt aber, dass es in den kommenden Tagen deutlich mehr werden könnten. „Wir sprechen auch Leute an, die ihre Einkäufe nicht mehr selbst erledigen können und solche, deren Familien und Freunde zum Beispiel aus Quarantäne­gründen verhindert sind.“

Wichtig ist es der Gemeinde, dass die Maßnahme als Teil eines Dreiklangs verstanden wird. Beim Einkaufsse­rvice gehe es nicht um Besuche oder um Gespräche, sagt Bader. Es gehe um die Versorgung und den Schutz der Alten und Schwachen. Für die Seelsorge gibt es die Telefonang­ebote. Und wer Trost suche, finde Trostsprüc­he auf der Internetse­ite der Gemeinde. Drei davon stehen dort bereits. Einer ist ein Zitat Dietrich Bonhoeffer­s: „Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstand­skraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.“

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ARCHIVFOTO: MISERIUS Auch die Großenbaum­er Einkaufshi­lfe stellt Lebensmitt­el zum Beispiel vor der Türe ab.

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