Eins-zu-Eins-Betreuung in Rahmer Kita
Seit Mittwoch werden in den Kitas nur noch Kinder von „Schlüsselpersonen“betreut. Eine neue Situation für die Erzieher und Kinder.
RAHM Jennifer Schöning ist die allererste morgens im Kindergarten „Die Gartenzwerge“in Rahm. Bevor der Alltag losgeht, macht sie sich schnell noch einen Kaffee. An normalen Tagen trudeln die ersten Kinder bereits wenige Minuten nach sieben ein. Spätestens um 9 Uhr sind dann beide Gruppen – eine Ü3- und eine U3-Gruppe mit knapp unter 40 Kindern – vollständig versammelt. Wie gesagt, an normalen Tagen. Ohne Coronavirus.
Seit letzter Woche Freitag ist jedoch nichts mehr normal. Viele Eltern haben schon vor der offiziellen Verkündung der NRW-Landesregierung zur Schließung der Schulen und Kindergärten die Matsch- und Wechselsachen der Kinder eingepackt und sich von den Erziehern verabschiedet. „Das war schon ein komisches Gefühl“, sagt Michaela Hendrichs-Linden. „Ela“, wie sie von allen genannt wird, ist die Leiterin der Gartenzwerge. Vor 33 Jahren hatte sie die Idee zu dem Verein Die Gartenzwerge, unter dessen Trägerschaft damals die Kindertagesstätte entstanden ist. „Wir wussten ja nicht, wie lange wir die Kinder nicht sehen werden.“
Mittlerweile steht es fest: Mindestens bis zum Ende der Osterferien am 19. April bleibt der Kindergarten offiziell geschlossen. Ganze fünf Wochen kein lautes Lachen, kein wildes Durcheinander-Geplapper oder freudiges Hin-und-her-Gerenne. Fünf Wochen kein Durcheinander und Gewusel vor den Garderoben. Und dennoch, die beiden Erzieherinnen Jennifer Schöning und Michaela Hendrichs-Linden sind vor Ort, im Einsatz für ein kleines, gerade drei Jahre alt gewordenes Mädchen aus der U3-Gruppe. Ihre Eltern – beide arbeiten im medizinischen Bereich – sind sogenannte systemrelevante Schlüsselpersonen und während der Corona-Krise unabkömmlich in ihrem Job. „Die Eltern sind total dankbar, dass wir ihre Tochter betreuen“, sagt Jennifer Schöning. „Aber es ist ja vollkommen klar, das wir das machen.“Und auch gerne. „Es herrscht hier zwar eine ganz andere Atmosphäre
als unter normalen Bedingungen, aber es ist für uns auch wirklich schön. Wir machen vieles viel intensiver.“So haben Jennifer Schöning, die Leiterin der U3-Gruppe, und die Kleine zusammen gespielt, bunte Knöpfe nach Farben sortiert, Vogelhäuschen angemalt und Käfer gesucht. Und das alles mal ganz ohne Ablenkung.
Die Eltern hatten ihre Tochter darauf vorbereitet, dass sie alleine im Kindergarten sein wird. Dass sie „nur“mit Jennie spielen wird. „Das war dann auch überhaupt kein Problem, die Kleine ist pfiffig und gut gelaunt. Sie kommt gerne zu uns in den Kindergarten“, sagt Schöning. Und das hilft natürlich. „Ich würde nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass das mit allen Kindern so gut klappen würde.“
Während die Dreijährige ihre
Eins-zu-eins-Betreuung genießt, hat Michaela Hendrichs-Linden endlich mal Zeit, das Büro auf Vordermann zu bringen. „Meine Kolleginnen
haben alle Arbeiten mit nach Hause genommen, es werden die Ordner der Kinder aktualisiert, Konzepte erarbeitet und Materialien
in Ordnung gebracht“, sagt die Leiterin. In der kommenden Woche kommen dann zwei andere Erzieherinnen in den Kindergarten und betreuen die Dreijährige in ihrem gewohnten Umfeld der U3-Gruppe mit den gewohnten Bezugspersonen. „Dann nehmen Jennie und ich uns Materialien mit und am Ende der Woche wird wieder getauscht.“Die Zeit bis zum Ende der Osterferien wird so etwas verkürzt, bleibt aber dennoch unglaublich lang. Denn länger als die drei Wochen Betriebsferien in den Sommerferien war es im kleinen Schwedenhaus am Sportplatz in Rahm noch nie so ruhig.
Monika Sens ist die neue Leiterin des Evangelischen Kindergartens „Guck doch“in Rahm. In den ersten Wochen wollte sie eigentlich ihren neuen Job und viele neue Kinder kennenlernen. „Jetzt habe ich zwar viel Zeit mich ausgiebig mit meinen Kolleginnen auszutauschen und die Einrichtung zu begutachten, aber bis ich alle Kinder genau kenne, werden wohl noch einige Wochen vergehen.“Denn auch der integrative Kindergarten betreut aufgrund des Coronavirus aktuell nur einen Jungen und ein Mädchen in der Notgruppe.
„Es ist ein wirklich komisches Gefühl, wenn ich so durch die Räume gehe“, sagt Monika Sens. „Es ist so ungewohnt ruhig.“Erst am 1. März hat die 21-Jährige die Leitung des Kindergartens übernommen. Dennoch hat sie in der kurzen Zeit natürlich mitbekommen, wie der Alltag in Rahm mit 40 Kindern so aussieht. „Die beiden Kinder, die wir bis zum Ende der Osterferien alleine betreuen werden, finden es so alleine allerdings ganz toll hier. Sie können sofort das spielen, wozu sie gerade Lust haben“, sagt Monika Sens. „Die normal üblichen Wartezeiten an den Spielstationen fallen ja weg.“
Der Kindergarten „Guck doch“, der vom Evangelische Bildungswerk in Duisburg betrieben wird, hat seine Mitarbeiter am Wochenende bereits umfassend über die veränderten Arbeitsbedingungen vorbereitet und informiert. „Wir haben das Team schon so eingeteilt, wie es auch für die Mitarbeiterinnen am besten passt“, sagt Sens. „Noch bevor wir überhaupt wussten, wie viele Kinder in die Notbetreuung kommen. Es sind ja bei den Mitarbeiterinnen auch Mütter dabei, die die Betreuung ihrerseits organisieren mussten.“
Der neue Alltag im Kindergarten Am Böllert wird sich in den kommenden Tagen immer besser einspielen. „Wir haben mit den beiden Kindern einiges vor. Wenn das Wetter weiter mitspielt, sind wir viel draußen.“Wie schnell sich die Kinder nach der Rückkehr zum normalen Betrieb wieder auf die anderen Kinder einlassen können, wird sich zeigen. Für Monika Sens steht aber schon eins fest: „Wenn wir das alles gemeistert haben, kann mich in meiner künftigen Berufslaufbahn sicher nichts mehr so schnell aus der Bahn werfen.“