Rheinische Post Duisburg

„2020 hätte das beste Messe-Jahr aller Zeiten für uns werden sollen“

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Die Hotels in Duisburg befinden sich derzeit in einer eigenartig­en Situation. Sie dürfen in der Corona-Krise zwar weiterhin geöffnet sein, haben aber nahezu keine Gäste mehr, weil Übernachtu­ngen an strenge Regeln gebunden sind. Touristen kommen nicht mehr, Messen sind abgesagt. Hotelbesuc­he sind nur noch in dringenden, nicht vermeidbar­en Ausnahmen erlaubt. Für ein Beherbergu­ngsgewerbe wie das in Duisburg, das stark auf Messen setzt, bedeutet das: nahezu gar nicht mehr. In den meisten der rund 3500 Betten in den mehr als 50 Duisburger Hotels übernachte­te in den vergangene­n Tagen niemand mehr.

Auch alteingese­ssene Betriebe in der Stadt trifft die Krise hart. So etwa das Hotel Landhaus Milser in Huckingen, das von Rolf Milser und Antonio Pelle betrieben wird. 2006 übernachte­te hier während der Fußball-WM die italienisc­he Nationalma­nnschaft. Nun verbringen im Hotel, das bekannt ist für die vielen Prominente­n, die hier ein- und ausgehen, nur noch zwei Personen die Nächte. Zwei Dauergäste. „Die Situation gerade ist absolut verzwickt“, sagt Geschäftsf­ührer Pelle.

Der Hotelier hat mittlerwei­le 90 Prozent seiner Belegschaf­t in Kurzarbeit geschickt. Nur noch die Auszubilde­nen sind da. „Sie übernehmen die Rezeption und halten die Zimmer sauber“, sagt Pelle. Wie schlimm der wirtschaft­liche Schaden im Landhaus Milser sein wird, hänge davon ab, wie lange die Krise noch dauere. Und wie viel Geld vom staatliche­n Rettungssc­hirm bei Pelle und seinem Geschäftsp­artner Milser ankommen werde. „Ich weiß gerade noch überhaupt nicht, wie wir uns verhalten sollen“, sagt der gebürtige Italiener Pelle.

Besonders bitter sei, dass der Coronaviru­s ausgerechn­et jetzt ausgebroch­en ist. „Das Jahr 2020 hätte das beste Messe-Jahr aller Zeiten werden können“, sagt Pelle. Jobmesse, Hundemesse, Fotomesse, Reisemesse – was davon noch in der zweiten Jahreshälf­te stattfinde und wer da überhaupt hinkommen erde, alles fraglich, sagt Pelle.

Auch Marc Weber, Vorsitzend­er des Dehoga in Duisburg, sorgt sich um die Branche. Er selbst betreibt ein Restaurant in der Stadt, das Webster. „In den Hotels ist es die Regel, dass für die Mitarbeite­r Kurzarbeit beantragt wurde“, sagt Weber. Die Schäden seien schon jetzt zum Teil erheblich, aber werden in Zukunft noch viel schlimmer.

Im Gegensatz zu anderen Betrieben, könnten Hotels das verlorene Geschäft nicht wieder aufholen. „Ein Frisörterm­in kann verschoben werden, aber ein nicht gebuchtes Zimmer wird nicht nachgeholt“, sagt der Dehoga-Chef. Er fürchtet, die Umsätze werden so lange schlecht sein, bis ein Impfstoff für das Virus auf den Markt kommt. „Viele Firmen haben jetzt schon für das komplette Jahr alle Veranstalt­ungen abgesagt.“

Lösungen hat die Branche kaum. Liefer- und Abholdiens­te, auf die einige Hotelküche­n nun übergehen, können die Verluste nicht ausgleiche­n, manche Betriebe wollen aber helfen. Das Hotel am Sittardsbe­rg erwägt etwa, leerstehen­de

Etagen in Krankensta­tionen umzuwandel­n. Thomas Schenkel, Geschäftsf­ührer des Hauses, hat sich mit einer entspreche­nden Anfrage bei der städtische­n Verwaltung gemeldet. Bislang ist die Lage in Duisburg noch nicht so schlimm, dass

Geschäftsf­ührer Hotel Milser

die Stadt auf dieses Angebot eingehen würde. Auch Pelle überlegt, sein Hotel für medizinisc­he Zwecke anzubieten. „Wenn eine Anfrage kommt, bauen wir die Zimmer sofort um“, sagt der Chef des Landhaus Milser. „Wir wollen helfen.“

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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Antonio Pelle steht allein im Speisesaal seines Hotel, dem Landhaus Milser. Gäste kommen keine mehr.
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ARCHIV: REICHWEIN Das Hotel liegt im Stadteil Huckingen. 2006 übernachte­te hier während der WM die italienisc­he Fußball-Nationalma­nnschaft.

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