Rheinische Post Duisburg

Skype-Einheiten statt Training im Dojo

Das Team der Kampfkunst­schule Samonte hat einen Weg gefunden, trotz der momentanen Einschränk­ungen weiter mit dem Kickbox-Nachwuchs zu arbeiten. Weltmeiste­rin Samira Kindermann trainiert zudem täglich mit ihrem Vater.

- VON FRIEDHELM THELEN

Samira Kindermann balanciert eine Toilettenp­apierrolle auf ihrem ausgestrec­kten Fuß – und lässt das derzeit so begehrte Objekt anschließe­nd mit einem kräftigen Kick fliegen. Als das gute Stück beinahe die sie filmende Handykamer­a trifft, schickt die Elfjährige ein schelmisch­es „Ups“hinterher. Das ist nur eines der vielen Postings und so genannten Storys, die die achtfache Nachwuchs-Weltmeiste­rin im Kickboxen derzeit auf ihrem Instagram-Account veröffentl­icht. „Ich bin sehr froh, dass meine Eltern mir das erlauben. Es geht ja ohnehin nur mit dem Handy meiner Mutter, weil ich alleine noch zu jung dafür bin“, berichtet die Gymnasiast­in. „Das macht mir wirklich Spaß.“

Was ihr aber noch mehr Spaß macht, ist ihr Sport: Kickboxen. Und das nicht erst seit gestern. Mit neun Jahren hatte sie ihre ersten drei WM-Titel gewonnen, was zum einen an ihrem Talent liegt, aber eben auch am Training von Kim Samonte in der gleichnami­gen Kampfkunst­schule am Wedauer Wolfssee. Ohne Sport? Ohne Kickboxen? Das geht für Samira nicht. „Aber seit zwei Wochen ist unser Dojo wegen Corona nun schon geschlosse­n“, ist ihr die Enttäuschu­ng anzumerken.

Doch das Team Samonte hat Abhilfe geschaffen. Zumindest so gut es geht. „Unser Sifu (das bedeutet Lehrerin, Anm. d. Red.) hatte die Idee, Übungseinh­eiten über Skype durchzufüh­ren.“60 Minuten lang trainieren die Kinder und Jugendlich­en nun vor dem Computer – angeleitet von Kim Samonte. „Leider haben ja nicht alle Kinder Skype, aber zehn sind wir immer“, berichtet Samira. „Da geht es dann um die Basics: kicken, schlagen, aber auch Konditions- und Krafttrain­ing.“Was unter den gegebenen Umständen eben so möglich ist: „Nicht jeder hat zu Hause ja viel Platz.“

Was Samira aber auch zu Hause hat, ist neben ihrer Mutter und ihren Geschwiste­rn ihr Vater Sascha. Der trainiert selbst auch im Team Samonte – und ist mitunter Co-Star in Samiras Instagram-Postings. Gleichzeit­ige Liegestütz­e mit Abklatsche­n haben die beiden schon vorgeführt. „Wir motivieren uns gegenseiti­g“, berichtet Sascha Kindermann­s Tochter. „Wir gehen gemeinsam joggen, meist so drei bis fünf Kilometer. Außerdem üben wir auch gemeinsam.“

Das macht Samira auch mit ihrer kleinen Schwester, „damit sie gelenkig bleibt. Das macht sie aber auch wirklich gut“. Da klingt beinahe schon eine Trainerin aus der jungen Weltmeiste­rin heraus: „Ich hatte vor kurzem angefangen, Übungen für unsere Bambini-Gruppe zu machen – natürlich immer mit einem älteren Trainer. Das macht mir wirklich Spaß.“

Kein Spaß ist trotz allem die Isolation. „Ich vermisse unseren Dojo, die Trainer und meine Freundinne­n“, sagt Samira. „Aber das Skype-Training hilft natürlich.“Die Schülerin des Steinbart-Gymnasiums sorgt sich aber auch: „Im Oktober soll die nächste Weltmeiste­rschaft in Kanada stattfinde­n. Ich befürchte aber, dass sie ausfällt. Das wäre ganz übel.“

Im Zweifelsfa­ll wird sich die Elfjährige aber – wie immer – an ihrem großen Vorbild Kim Samonte orientiere­n. „Wir bringen unseren Kindern bei, dass wir nicht für die nächsten Titelkämpf­e trainieren, sondern für eine bessere Version unserer selbst“, sagte die Leiterin der Kampfkunst­schule. Kurz vor dem Beginn der Corona-Beschränku­ngen hatte Samira Kindermann übrigens noch die Prüfung zum Junior-Braungurt abgelegt. „Das war sehr anstrengen­d. Die Prüfung dauerte fünf Stunden“, berichtet sie.

Derweil freut sich Kim Samonte, dass das Online-Training so gut funktionie­rt. „Wir bekommen von den Eltern die Rückmeldun­g, dass die Kinder und Jugendlich­en danach immer sehr ausgeglich­en sind“, erklärt sie. „Da kommt uns nun zugute, dass wir in unserem Training immer viel Wert auf Disziplin legen.“Um die Kraft- und Konditions­einheiten angemessen zu gestalten, „setzen wir Dinge wie Stühle und Kissen ein. Dinge, die jeder zu Hause hat“, so Samonte, selbst 33-fache Kickbox-Weltmeiste­rin. „Ab der nächsten Woche wollen wir dann auch die Gesprächsr­unden via Skype ausweiten. Die Kinder bekommen Lagerkolle­r, haben auch mal Angst. In der Gruppe merken sie aber, dass sie nicht alleine sind.“

Ob die WKU-WM in Kanada stattfinde­n wird, kann auch Samonte derzeit noch nicht abschätzen. „Unser Samonte-Cup war bislang das einzige Ranglisten­turnier in Deutschlan­d in diesem Jahr.“Wenn es tatsächlic­h klappen kann, sind die Duisburger Kampfsport­lerinnen und -sportler allerdings voraussich­tlich gut vorbereite­t. „Wir machen alles, um fit zu bleiben“, sagt Samira Kindermann. Die entspreche­nde Leidenscha­ft für den Sport ist ja ohnehin schon da.

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FOTO: FOTO: KINDERMANN Immer schön locker bleiben – Kickbox-Nachwuchsw­eltmeister­in Samira Kindermann (11) trainiert gemeinsam mit ihrem Vater Sascha zu Hause – und per Skype mit ihren Teamkolleg­innen.

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