Unsinnig
Die Schlussfolgerungen, zu denen der OB bei seinem „Innehalten“kommt, sind für mich nicht nachvollziehbar. Ich halte es – ebenso wie die Virologen und sonstigen Experten – für den richtigen Weg, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, damit unser Gesundheitssystem nicht zusammenbricht und wir so vielleicht in der Lage sind, eine Situation, wie sie sich in Italien darstellt, zu vermeiden. Es geht selbstverständlich um „Leben und Tod“. Ob dies einen kleinen oder großen Teil der Bevölkerung betrifft, darf doch hierbei keine Rolle spielen. Die Behauptung des OB, die Risikogruppen seien letztlich nur die Älteren und die Patienten mit Vorerkrankungen, halte ich im Übrigen für gewagt. Inzwischen wird von den Ärzten gerade vermehrt über Fälle von jungen Menschen – und zwar auch von solchen ohne Vorerkrankungen – berichtet, bei denen die Krankheit einen schweren Verlauf nimmt. Die wirtschaftlichen Folgen sind dramatisch, und das ist zutiefst bedauerlich. Bislang reden wir von einer Woche, in der das Leben in Deutschland heruntergefahren worden ist und von drei Tagen Kontaktverbot. Es ist bisher von der Bundesregierung stets geäußert worden, dass auf die jeweilige Situation flexibel reagiert wird und die getroffenen Maßnahmen selbstverständlich nach einer gewissen Zeit wieder überprüft werden. Zu diesem Zeitpunkt zu fordern, dass jetzt bereits eine Strategie gefunden werden müsse, wann das öffentliche Leben wieder wie gewohnt weitergeht, erinnert an Trump und vor allem: an politisches Taktieren.
Thomas Geisels Vorschläge zum Umgang mit Corona, weil die derzeitigen Maßnahmen nicht lange durchzuhalten seien, sind unsinnig und unsolidarisch. Nicht alle Menschen mit Vorerkrankung wissen von ihrer Vorerkrankung. Auch manche junge Menschen kann das Virus hart treffen. Solidarisch ist es nur, wenn Jüngere und Gesündere auf Ältere und Schwächere Rücksicht nehmen, und nicht eine Spaltung der Bevölkerung in Fitte und Risikogruppe. Die Verlangsamung der Ausbreitung ist nur durch Maßnahmen wie jetzt zu erreichen – nur durch Maßnahmen, die alle betreffen, da jeder ein potenzieller Übertrager des Virus ist. Die Gesundheit ist wichtiger als Wirtschaftswachstum. Ist es zu viel verlangt von denen, die nicht zur Risikogruppe zählen, mal eine Zeitlang auf Freizeitvergnügen in der Öffentlichkeit zu verzichten um die Ausbreitung einer Krankheit zu verlangsamen? Solidarität war mal ein Wert der SPD, Herr Geisel.